Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Medien
Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
Seite - 192 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 192 - in Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens

Bild der Seite - 192 -

Bild der Seite - 192 - in Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens

Text der Seite - 192 -

GEWALT IM COMPUTERSPIEL190 3.3.2 Looten und Leveln Wir fuhren gerade in einem schrottreifen Auto mit unserer Truppe durch Bilgrad und wollten eigentlich gleich nach Cherno zum Hafen weiter, weil man dort gute Bauteile für Fahrzeuge und ähnliches finden konnte. Keiner in unserer DayZ- Truppe hatte aber eine halbwegs brauchbare Waffe dabei, mit der wir uns effektiv gegen die computergesteuerten Zombies oder menschlichen Gegenspieler hät- ten verteidigen können. Wir hielten also an und stiegen aus dem Auto, ich selbst machte mich schnurstracks auf den Weg zur leerstehenden Polizeiwache. An die- sem Ort, das wusste jeder erfahrene Spieler, gab es eine gewisse Chance, gute Waffen zu finden. Als ich das Gebäude betrat, sah ich zuerst nur überall Müll herumliegen. Ich war enttäuscht. Auch im zweiten Raum: nichts. Dann erinnerte ich mich, dass mir ein Mitspieler geraten hatte, immer auch unter dem Tisch nachzusehen. Ich bückte mich also mit meinem Avatar und traute meinen Augen kaum: eine DMR! Zum ersten Mal, seit ich mit meiner Gruppe auf diesem Server spielte, hielt ich dieses seltene und durchaus tödliche Scharfschützengewehr in den Händen. Aufgeregt verkündete ich meinen Fund im Sprachkanal. Alle an- deren waren ebenfalls ganz erstaunt und auch ein wenig neidisch. Einer meiner Mitspieler kommentierte noch, was ich doch für ein Schwein habe, zufällig so eine gute Waffe zu finden: Das sei ja wirklich geil. Die Waffen, Rüstungen und Kampfmaschinen in Actiongames – so viel wird hier klar – sind nicht immer von vornherein für jeden Spieler zugänglich. Meist muss man sie sich durch tage-, wochen- oder monatelangen Einsatz verdienen. Diese Art der Anstrengung ist aber nicht nur Mittel zum Zweck, sondern sie ist im Prozess ludisch-virtueller Gewalt eine Erfahrungsfacette von eigener Qualität. In Multiplayer-Game Dayz beispielsweise starten Spieler mit ihrem Avatar nur mit sehr wenig Ausrüstung und keinerlei Waffen, um ihr Überleben gegen die herumirrenden computergesteuerten Zombies verteidigen zu können. Da jeder Avatar außerdem Nahrung zu sich nehmen muss, sind sie gezwungen, in Häu- sern oder leerstehenden Fabrikhallen nach den Überbleibseln der Zivilisation zu suchen. Die Gegenstände – meistens Müll, manchmal Nahrung, selten Waf- fen – liegen vor allem auf dem Fußboden verstreut. Spieler müssen ihren Avatar zum Gegenstand bewegen und ihn per Tastendruck aufheben. Die Praxis des Suchens, Findens und Aufhebens von Gegenständen wird als „Looten“ bezeich- net, eine deutsche Abwandlung des englischen Begriffs „looting“ für „Plündern“ oder „Erbeuten“. (FT) Mit dieser Praxis verbringen DayZ-Spieler einen Großteil ihrer Spielzeit. Gegenstände „spawnen“ beziehungsweise erscheinen an einem Ort nach einem Algorithmus, der festlegt, mit welcher Wahrscheinlichkeit in wel- chen Gebäuden und mit welcher zeitlichen Frequenz welche Gegenstände auftau- chen. (FT) Ein Gebäude kann beim ersten Besuch durch einen Spieler leer sein. Entfernt er sich für eine Weile und kommt wieder, kann dort ein neuer, mögli- cherweise wertvoller Gegenstand bereitliegen. So belagern manchmal Gruppen
zurück zum  Buch Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens"
Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Titel
Gewalt im Computerspiel
Untertitel
Facetten eines Vergnügens
Autor
Christoph Bareither
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
370
Schlagwörter
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Gewalt im Computerspiel