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GEWALT IM
COMPUTERSPIEL216
beim jeweiligen Mitspieler, was sich auch am freudigen Lächeln des jeweils Ge-
lobten zeigt. Auch das ist eine Art des doing emotional experience, das sich hier auf
Anerkennung und Erfolgserfahrungen innerhalb des eigenen Teams ausrichtet.
Gemacht werden aber nicht nur positiv gedeutete Erfahrungen. Denn die
Erfolge gehen stets aus einem Leistungsvergleich hervor, der notwendigerwei-
se auch die Möglichkeit einer Niederlage voraussetzt. Dementsprechend zählen
auch Artikulationen von Enttäuschung und Frustration (über sich selbst oder
die eigenen Teammitglieder) zu den wiederkehrenden Emotionspraktiken. Dass
einzelne Spieler beispielsweise, wie oben beschrieben, ihre Mitstreiter regelrecht
anfeinden, ist keine Seltenheit. Aber auch Artikulationen wie „Fuck, fuck, fuck!“,
„Scheiße!“, „Neeeein!“ oder Gesten wie ein Haareraufen oder ein wütendes Hau-
en auf die Tischplatte sind häufig zu beobachten. (FT)
Nun stellt sich die Frage, welche Rolle ludisch-virtuelle Gewalt für diese leis-
tungsvergleichenden Erfahrungen spielt. Grundsätzlich festzuhalten ist, dass
hier sowohl die Erfolgserlebnisse als auch die Artikulation von Anerkennung
und Stolz zwangsläufig gekoppelt sind an die erfolgreiche Ausübung von Com-
puterspielgewalt. Erfahrungen der Frustration und Niedergeschlagenheit sind
zugleich zwangsläufig gekoppelt an die Widerfahrnis von Computerspielgewalt.
Diese Koppelung ermöglicht es, dass die in Kap. 3 beschriebenen virtuell-körper-
lichen Erfahrungen mit ludisch-virtueller Gewalt in den Leistungsvergleich ein-
gebunden werden und diesen bereichern. Ich betone bewusst, dass dieses Inein-
andergreifen möglich ist, aber nicht zwangsläufig stattfindet. Im Interview geben
manche Spieler auf meine suggestiven Hinweise diesbezüglich explizit an, dass
sie Ego-Shooter-Wettkämpfe genauso erfahren würden, wenn darin gar keine Re-
präsentationen physischer Gewalt vorkämen. Fox beispielsweise versichert, wenn
es nach ihm ginge, könnte man in Counter-Strike auch mit virtuellen Wasserpis-
tolen schießen. Unabhängig davon, dass damit erstens lediglich eine noch stär-
ker abstrahierte Variante ludisch-virtueller Gewalt beschrieben wäre und zwei-
tens solche Argumente auch immer Rechtfertigungsstrategien für moralisch als
zweifelhaft geltende Erfahrungsaspekte sind, müssen diese Selbstdeutungen res-
pektiert werden. Dementsprechend sollen hier den Spielern keinesfalls pauschal
bestimmte Erfahrungen unterstellt werden. Klar ist jedoch, dass einige Spieler
einen Zusammenhang von Computerspielgewalt und kompetitiven Prozessen
sowohl erkennen als auch anerkennen. Als Fox meine Vermutung im Interview
gerade verneint und ich weiter nachhaken möchte, fällt mir Skilly ins Wort:
„Du schießt halt Leuten in den Kopf! [...] Ja, ist halt so. Ich meine, willst du mit Häschen
auf den Bauch schießen und den tot kitzeln mit dem Hasen? […] Man könnte jetzt auch
Fußball [ein Fußballcomputerspiel, C.B.] gegeneinander spielen oder sonstwas, online so,
aber es wär irgendwie nicht dasselbe find ich so. Und wo kann man halt [so] viel Prestige
sag ich mal herauskitzeln, als wie wenn man sich gegenseitig ‚töten‘ muss, sag ich mal,
in Anführungsstrichen.“ (IV6)
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Titel
- Gewalt im Computerspiel
- Untertitel
- Facetten eines Vergnügens
- Autor
- Christoph Bareither
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 370
- Schlagwörter
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364