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GEWALT IM
COMPUTERSPIEL228
spruchsvoll, und es geht oft schief. Und ich finde der Reiz daran ist, dass man als Gruppe
versucht, eben irgendetwas dagegen zu tun.“ (IV19)
Und auch der Spieler Limaneel schwärmt von diesem Gefühl, das er schon
aus seinen Zeiten in WoW kennt: „Wir haben zum Teil wochenlang an ein und
demselben Boss uns versucht, bis wir ihn dann endlich geschafft haben. Das
war ein Erfolgserlebnis in der Gruppe, das ist kaum beschreibbar. Vergleichba-
res kriegt man vielleicht, was weiß ich, wenn man ein Fußballturnier gewinnt
oder so.“ (IV11)
Die aus dem vorangegangenen Kapitel bekannten Vergleiche mit anderen
Sportkulturen verweisen auch hier auf das gute Gefühl, eine Leistung vollbracht
zu haben. Zugleich heben die Spieler aber den Aspekt des Miteinanders hervor,
der für sie das „Erfolgserlebnis“ noch steigert. Warum? Weil man es mit anderen
teilen kann. Die Gildenleiterin Lela erklärt:
„Es ist auf jeden Fall ein Erfolgserlebnis, ne? Es ist ja generell, egal was man jetzt macht,
ob PvE oder PvP, wenn man jetzt sehr lange durchhält gegen einen übermächtigen Geg-
ner, dann ist es ein Erfolgserlebnis. Und grade auch, wenn man das mit der Gruppe teilen
kann, ist das natürlich schön. Und das ist ja das, was letztendlich auch den Spaß aus-
macht, wenn man so ein bisschen erfolgsorientiert spielt. [...] Und in der Gruppe, dadurch
dass man das miteinander teilt, freut man sich umso mehr, weil man als Team zusammen
was geschafft hat, was vorher vielleicht nicht so gut gelaufen ist [...].“ (IV10)
Die Gruppe ist nicht nur Mittel zum Zweck des Vergnügens, sondern das gemein-
same Kämpfen entfaltet eine eigene Erfahrungsqualität. Deren Kern ist, dass man
die erkämpften Erfolge mit anderen teilt, und dieses Teilen als solches fühlt sich
für die Spieler gut an. Wie in kompetitiven Prozessen können diese Erfahrungen
zwar auch ganz ohne Computerspielgewalt gemacht werden. Doch letztere, so
lässt sich anhand der ethnografischen Daten argumentieren, ist eine besonders
geeignete Grundlage für das Teilen von Gefühlen.
Auch hier muss eingeräumt werden, dass einige der Spieler auf meine direkte
Frage nach dem Emotionspotenzial von Computerspielgewalt für gruppenbezo-
gene Erfahrungen angaben, es sei für sie völlig irrelevant, ob die gemeinsame
Tätigkeit mit Computerspielgewalt zu tun habe oder nicht. Für manche mag
diese Selbstdeutung zutreffen, andere nahmen damit schlicht erneut eine Ver-
teidigungshaltung in Anbetracht der Killerspiel-Debatte ein. Wiederum andere
waren weniger zurückhaltend und benannten konkret einen möglichen Zusam-
menhang von ludisch-virtueller Gewalt und positiven Gruppengefühlen. So bei-
spielsweise Petator, der auf meine kurze Nachfrage hin erklärt:
„Hm, ich glaub diese Kampfsache macht viel aus. Weil man, wenn man – du kennst es
ja vielleicht selber – wenn man [...] ein anderes Team einfach extrem dominiert und die
einfach richtig fertig macht, macht das natürlich riesengroßen Spaß. Und man weiß, dass
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Titel
- Gewalt im Computerspiel
- Untertitel
- Facetten eines Vergnügens
- Autor
- Christoph Bareither
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 370
- Schlagwörter
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364