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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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GEWALT IM COMPUTERSPIEL230 Bauteilen auch Häuser und Garagen bauen. Meine Spielergruppe verbrachte hier unzählige Stunden damit, sich gemeinsam die nötigen Bauteile zu erkämpfen und ganze Dörfer zu errichten, die wir dann als „unser Gebiet“ gegen Eindring- linge verteidigten. (FT) Genauso ließen sich auch Bauteile finden, mit denen man Autos, Lastwägen oder sogar Flugzeuge und Helikopter reparieren konnte, um sie für die Gruppe zu nutzen. Als Joey eines Tages einen der seltenen Helikopter fand und reparierte, freuten sich seine Mitspieler, die alle gemeinsam auch offline zur Schule gingen, ganz besonders. Denn erst an diesem Morgen im Schulbus, er- zählte einer, hatten sie zu sich gesagt: „Irgendwann gehört der Heli uns!“ – und nun war es tatsächlich soweit. (FT) Hier klingt bereits an, dass auch diese Art des gemeinsamen Kämpfens – das gemeinsame Kämpfen um Dinge – zum Knotenpunkt von Vergemeinschaftungs- prozessen werden kann. Spielergruppen entwickeln gemeinsame Wünsche, de- ren Erfüllung sie dann auch gemeinsam anstreben und bei Erfolg das Erlebnis miteinander teilen. Dem entspricht die Gewohnheit, sich unter befreundeten Spielern gegenseitig wertvolle virtuelle Dinge zu schenken. Rudolf Thomas Inderst spricht im Rah- men seiner Ethnografie des MMORPGs Dark Age of Camelot in Anlehnung an Arbeiten David Cheads von „Geschenkökonomien“: „Zusammenarbeit innerhalb der Gilde wird durch Geschenkökonomien angestoßen und vertieft. Geschenke stellen persönliche Bezüge und einen steten Fluss von Kommunikati- on unter den Gildenmitgliedern her und können so als Grundlage einer funktionierenden Sozialbasis für die Spielergruppe gedeutet werden.“42 Für die vorliegende Studie ist dabei entscheidend, dass durch das Verschenken von Ausrüstung und Waffen auch das ihnen inhärente Aktionspotenzial (vgl. Kap. 3.3.1) im Hinblick auf Computerspielgewalt geteilt wird. Im großzügigen Austausch der Dinge wachsen Gruppen noch enger zusammen, wobei sich dieser Prozess in Actiongames stets auf den gemeinsamen Kampf hin ausrichtet. Als ich im Interview mit Julia und Aruto aus meiner TESO-Spielergruppe darauf hinwei- se, dass wir uns häufig gegenseitig beschenken, kommentiert Aruto: „Wir sind ja auch die Einheit!“ Julia unterstreicht: „Genau!“ und verweist darauf, dass wir die Dinge untereinander aufteilen, damit wir alle etwas davon haben: „Das ist ein Ge- ben und ein Nehmen.“ Aruto ergänzt: „Die ganzen Synergien, die da entstehen, kannst du ja nutzen, damit eben die Einheit dann stärker wird.“ (IV7) In unserem Gruppeninterview spreche ich daraufhin auch die Möglichkeit an, in TESO verschiedene Berufe zu erlernen, beispielsweise Schmied, Verzau- berer oder Koch. Ich selbst erlernte das Handwerk des Alchemisten und stell- te Tränke her, die meine GefährtInnen stärker, schneller oder auch unsichtbar machen konnten. Dafür musste ich immer wieder stundenlang in bestimmten 42 | Inderst: Vergemeinschaftung in MMORPGs, S. 260-267, hier: S. 264.
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Titel
Gewalt im Computerspiel
Untertitel
Facetten eines Vergnügens
Autor
Christoph Bareither
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
370
Schlagwörter
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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