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KOMPETITIV UND KOOPERATIV 239
in hohem Maße integrativ, schweißt zusammen, verbindet die Spieler durch die
allen verständliche, intensive und mitteilbare Erfahrung. Dabei zeigt sich in der
teilnehmenden Beobachtung immer wieder, dass vor allem solche Spieler eng zu-
sammenwachsen, die bestimmte Präferenzen für bestimmte Erfahrungsfacetten
teilen. In TESO beispielsweise genießen die einen das gemeinsame Kämpfen um
seltene Gegenstände, während andere darauf überhaupt keinen Wert legen und
lieber in der Rangliste im kompetitiven PvP-Modus ganz oben stehen möchten.
Freundschaften zwischen Spielern entstehen häufig entlang solcher geteilter Vor-
lieben für bestimmte Arten des doing emotional experience im Umgang mit com-
putervermittelten Repräsentationen physischer Gewalt.
Dahinter verbirgt sich aber auch ein Konfliktpotenzial, da Spieler in der glei-
chen Gruppe teils sehr unterschiedliche Erwartungen und Ansprüche an das
Spielvergnügen haben. Meist verlaufen solche Konflikte subtil und werden nicht
direkt angesprochen – in manchen Fällen werden sie aber auch ganz offen ausge-
tragen. So beispielsweise, als sich in DayZ mein eigener Clan mit einem anderen
verbündete und sehr unterschiedliche Spieler plötzlich gemeinsam spielten und
auch einen gemeinsamen Sprachkanal teilten. Während die Spieler in meinem
ursprünglichen Clan nicht immer auf fremde Spieler schießen wollten und viel
Wert auf das gemeinsame Aufbauen einer Basis legten, suchten die Mitglieder
des neuen Clans sehr offensiv die Konfrontation mit Gegnern. Der Konflikt spitz-
te sich in einer andauernden Auseinandersetzung rund um den Spieler Tolero zu,
der stets den Haudrauf markierte, ständig Gegner beschimpfte oder alle Mitspie-
ler zum nächsten Angriff anstacheln wollte, um die Gegner zu „dominieren“, wie
er zu sagen pflegte. (FT)
Damit repräsentierte Tolero zwar nicht seine ganze Spielergruppe, doch durch
seine Person polarisierte sich der Konflikt der unterschiedlichen Vorlieben für
bestimmte Erfahrungsfacetten. Im Interview erklärt Tolero, dass er ohnehin ge-
gen das Bündnis der beiden Clans war. Letzteres war ursprünglich geschlossen
worden, weil beide Gruppen sich auf diesem Spielserver sehr nahe beieinander
angesiedelt hatten und sich durch eine Dauerfehde gegenseitig blockierten. Wäre
es nach Tolero gegangen, so sagt er, hätte sein Clan unser Bündnisangebot als
„Schwäche“ interpretieren und uns einfach so lange dominieren sollen, bis wir
freiwillig den Server verlassen. „Das wäre hundertprozentig dazu gekommen“,
kommentiert er im Interview, „weil ihr keine Alpha-Tiere seid!“ Ich reagiere ver-
dutzt auf dieses Kommentar, er lacht kurz und fährt fort: „Ja, es hört sich jetzt
blöd an, aber es ist so.“ (IV22) Ich frage, ob seiner Meinung nach alle Spieler in
seinem Clan Alpha-Tiere sind:
„Nö, aber wir haben schon ein paar ganz schöne Freaks dabei. [...] Einfach die Spieler,
die halt PvP-orientiert sind. [...] Davon haben wir mehr als ihr, und das mein ich eigentlich
mit Alpha-Tierchen, also die Leute, die praktisch ja einfach wirklich darauf aus sind, sich
mit anderen Spielern zu bekriegen, die daran Spaß haben, die sind bei uns einfach in der
Mehrzahl.“ (IV22)
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Titel
- Gewalt im Computerspiel
- Untertitel
- Facetten eines Vergnügens
- Autor
- Christoph Bareither
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 370
- Schlagwörter
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364