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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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GEWALT IM COMPUTERSPIEL250 Fraglich bleibt allerdings, inwiefern diese Funktion von Avataren generali- sierbar ist. Während die Konstruktion ludischer Identitäten in manchen Spielen durchaus tragend sein mag, konnte ich sie in den von mir untersuchten Spiel- prozessen höchstens am Rande beobachten. Zwar lassen sich Spieler fast immer auf die embodiment relation zu ihrem Avatar ein und sie fühlen auch mit ihm und seiner Geschichte mit (s.u.), doch das bedeutet nicht, dass sie automatisch durch diesen Avatar eine ‚virtuelle Identität‘ verhandeln würden. Das ist auch dort wichtig zu betonen, wo männliche Spieler weibliche Avatare spielen. Sara- zars Umgang mit Lara Croft lässt sich beispielsweise kaum von seinem Umgang mit einem muskelbepackten Piratenassassinen unterscheiden. Und in MMOR- PGs ist es ganz allgemein an der Tagesordnung, aus ästhetischen Gründen – und eben nicht als Teil eines Ausprobierens einer ‚andersgeschlechtlichen Identität‘ – Avatare des jeweils anderen Geschlechts zu steuern. Marco erklärt (genau wie viele andere Spieler), dass er lieber einen weiblichen Avatar aus der Third-Person- Perspektive vor sich sehe, weil: „Was will ich nem männlichen Char [Avatar, C.B.] auf den Arsch gucken permanent?“ Das sei nicht sexistisch gemeint, „nur der An- blick ist zum Entspannen für mich schöner, wie wenn ich jetzt nem männlichen Char permanent hinten rein gucken müsste.“ Ich frage: „Hat das für dich auch was mit Identifikation zu tun?“ Marco: „Nö, absolut nicht.“ (IV13) Auszuschließen sind Momente der Imagination verschiedener Identitäten durch den Avatarkörper, seien sie nun geschlechtsspezifisch oder anderweitig ausgerichtet, natürlich nicht. Doch die „Identitätsarbeit und das sich dahinter ver- bergende Individuum“, so argumentieren Gertraud Koch und Nina Ritzi-Messner in Bezug auf das Programm Second Life, „stellen […] weder die zentralen Quali- täten der Avatare noch die aufschlussreichsten Elemente für dessen Verständnis dar.“10 Auch für Actiongames trifft diese Feststellung zu. In der teilnehmenden Beobachtung der vorliegenden Studie zeigt sich, dass nur sehr wenige Spieler – auch in den sogenannten Rollenspielen – tatsächlich Rollen spielen im Sinne einer Verkörperung von spezifischen Identitäten. Zwar gibt es eine Art des Spie- lens, in der Akteure wie in einer Art Improvisationstheater ihren Avataren eine individuelle Geschichte geben und diese performativ darstellen, was als „Role- play“ bezeichnet wird. Doch trotz des Genrenamens Massively Multiplayer Online Role Playing Game gilt es als eher ungewöhnlich, darin tatsächlich diese Form des Roleplay zu betreiben. In einer am Mainstream des Computerspielens interessier- ten Perspektive müssen solche eher ungewöhnlichen Prozesse außen vor bleiben. Im Regelfall chatten und sprechen die Spieler genau wie in anderen Games als sie selbst miteinander, das heißt als gewöhnliche Personen, die im Internet eben ein Spiel spielen. Dementsprechend verwundert es kaum, dass sich die Spieler in Multiplayer-Games auch auf die vielfältigen narrativen Angebote nur partiell ein- lassen, beispielsweise die obligatorische Heldengeschichte in einem MMORPG. 10 | Koch/Ritzi-Messner: (In-) Transparenz telematischer Kommunikationsinfrastruktu- ren, S. 272.
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Titel
Gewalt im Computerspiel
Untertitel
Facetten eines Vergnügens
Autor
Christoph Bareither
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
370
Schlagwörter
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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