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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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GEWALT IM COMPUTERSPIEL252 nur aufs Töten aus. Der auf kompetitive Prozesse fokussierte Spieler Tolero, der ohnehin zu Polarisierungen neigte, kommentierte nur zynisch: „Das Erste, was ich töten würde, sind Philosophen, die so einen Quatsch erzählen.“ (FT) Auch einige Let’s Player nehmen grundsätzlich eine eher zynisch-distanzie- rende Haltung gegenüber den angebotenen Narrativen ein. Hardi beispielsweise liest in einer LP-Folge zu Dead Space 3 aus einem von zahlreichen Logbüchern vor, die sein Avatar in den von Monstern bevölkerten Raumschiffen findet, und die das Narrativ des Spiels bereichern sollen (empfohlenes Beispiel).11 Der Text enthält in diesem Fall den Bericht eines Überlebenden, der beschreibt, wie in den Augen der zu Monstern mutierten Menschen manchmal noch ein Funke des Wiedererkennens aufflackere. Hardi rattert den Text mit ironisch-übertrei- bendem Tonfall herunter, schließt das Logbuch schnell wieder und kommentiert abgeklärt: „Hammertragisch und so.“ Zwischen narrationsbezogenem Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren er- gibt sich ein permanentes Changieren. Dieser Wechsel vollzieht sich nicht nur zwischen verschiedenen Spielen, Spielern oder Spielgruppen, sondern auch zwi- schen verschiedenen Spielsituationen, die teils direkt ineinander übergehen kön- nen. In einer LP-Folge zu Battlefield 3 muss sich der Let’s Player Sarazar beispiels- weise mit seinem Avatar und einem computergesteuerten Kameraden namens Montes durch verschiedene Gebäude einer irakischen Stadt kämpfen.12 Sarazar kommentiert erst mit tiefer und ernst intonierter Stimme: „Wir tun, was wir tun müssen, und das ist Kämpfen, uns irgendwie zum Abholpunkt durchschlagen.“ Als er dann aber einen Raum weiter geht und mit seiner Taschenlampe die dunk- len Ecken ausleuchtet, sieht er einige Wasserpfeifen herumstehen: „Oh, hier wird Shisha geraucht?“, fragt er eher fröhlich und wendet sich in einem fiktiven Dialog an seinen computergesteuerten Kameraden: „Montes, hast du zufällig nen Apfel- tabak dabei oder so?“ Auch dort, wo sich Spieler auf die angebotenen Narrative einlassen, gehen sie nicht völlig darin auf, sondern sie gehen spielerisch – mal einfühlsam, mal distanziert, mal gelangweilt, mal ironisch – damit um. Es ist entscheidend, diese Fähigkeit der Gamer zu einem dezidiert ludischen Umgang mit den Spielnarra- tiven im Auge zu behalten, wenn im Folgenden ludisch-virtuelle Gewalt in die- sen Prozessen verortet wird. Aus der hier verfolgten emotionspraxistheoretischen Perspektive stellt sich inbesondere die Frage, inwiefern die spezifischen Bedeu- tungs- und Emotionspotenziale von Computerspielgewalt in die Prozesse des nar- rationsbezogenen Sich-Einlassens und Sich-Distanzierens eingebunden werden. 11 | PietSmiet (Hardi): Let’s Play Dead Space 3 #014 [Deutsch] [HD] - Mutantenkrabbe (20.2.2013), 6:15-6:50. https://www.youtube.com/embed/TSVxd2DfwLg?start=975&en d=1010 12 | Sarazar: Let’s Play Battlefield 3 #004 [Deutsch] [Full-HD] - Eine himmlische Er- fahrung (29.10.2011), 2:25-3:00. https://www.youtube.com/embed/PhVqWTs24rk?start =145&end=180
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Titel
Gewalt im Computerspiel
Untertitel
Facetten eines Vergnügens
Autor
Christoph Bareither
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
370
Schlagwörter
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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