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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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GEWALT IM COMPUTERSPIEL254 „Das Böse als Gegenpart zum Guten ist die Zuspitzung und Radikalisierung eines drama- turgischen Prinzips. Es ist für die Narration notwendig, um überhaupt eine Geschichte erzählen zu können und sie für ein Publikum spannend zu machen. Das Böse stellt sich als Eingriff in eine bestehende stabile Ordnung dar (die dabei immer schon erzählerisch als ‚gut‘ unterstellt wird), sie schafft Ereignishaftigkeit, die wiederum Voraussetzung da- für ist, dass etwas erzählbar ist.“15 Ob und inwiefern die Spieler die alte Erzählung von Gut gegen Böse auch für voll nehmen, hängt natürlich von ihrer individuellen Einstellung und der Glaubwür- digkeit des Narrativs ab. In frühen Weltraum-Shootern der 1980er-Jahre wird bei- spielsweise meist die ganze Erde von aggressiven Außerirdischen bedroht – ein Narrativ, über das sich Computerspieltester bald schon regelmäßig lustig machen. Unter dem Titel „Ist die Erde noch zu retten?“ fragt 1984 beispielsweise Hartmut Huff: „Wer kann eigentlich noch die Übersicht behalten, bei derart viel Video- und Computerspielen, in deren Mittelpunkt die Verteidigung der Erde gegen au- ßerirdische Finsterlinge, Monstren und dergleichen mehr steht?“16 Für die ComputerspieltesterInnen war dieses Narrativ dementsprechend auch nicht wirksam und bildete meist nur noch die belanglose Hintergrundfolie für mal besser oder mal schlechter gelungene virtuell-körperliche Action auf dem Bildschirm. Genau wie in anderen Bereichen wurden die Spiele aber auch in Sa- chen Story bald ausgeklügelter und vielseitiger. Die narrativen Inszenierungen der Bedrohungssituationen wurden komplexer und die Taten der Antagonisten in ihren grausamen Details expliziter dargestellt. So werden heute viele Computer- spielnarrative von den Akteuren durchaus für voll genommen. Und dann mobi- lisiert die Widerfahrnis einer ungerechten Gewalt auch dramatisch aufgeladene narrationsbezogene Erfahrungen. „Der darf einfach noch nicht sterben!!!!“ Ein Beispiel dafür bietet der Test zum dritten Teil der für ihr episches Narrativ bekannten Mass Effect-Reihe: „Entsetzt starren wir auf den Monitor. ‚Das können die doch nicht tun!‘ Die, damit sind die Entwickler von Bioware [...] gemeint. Und sie tun es doch: In einer dramatischen Zwi- schensequenz konfrontieren sie uns mit dem Tod einer Figur. Einer Figur, die wir bereits in Mass Effect 1 kennen- und liebengelernt, in Mass Effect 2 vor so mancher Katastrophe bewart [sic] haben und der wir nun in Mass Effect 3 (endlich!) wieder über den Weg liefen. Nur um kurz darauf hilflos mit ansehen zu müssen, wie ein Mutant unseren Freund brutal gegen eine Wand schleudert und dessen Körper zertrümmert. In diesem Moment spüren 15 | Knut Hickethier: Das narrative Böse. Sinn und Funktionen medialer Konstruktionen des Bösen. In: Werner Faulstich (Hg.): Das Böse heute. Formen und Funktionen. München 2008, S. 227-243, hier: S. 256. 16 | Huff: Final Orbit.
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Titel
Gewalt im Computerspiel
Untertitel
Facetten eines Vergnügens
Autor
Christoph Bareither
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
370
Schlagwörter
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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