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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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GEWALT IM COMPUTERSPIEL260 Hauptcharakters inszeniert.30 Der Let’s Player Brammen erfährt zugleich, dass seine computergesteuerte Kampfgefährtin Hannah (ebenfalls nur vermeint- lich) für die verfeindeten Chinesen arbeitet und dementsprechend als Verräterin für den Tod des Kameraden verantwortlich ist. „Hat die uns beschissen?“, fragt Brammen ungläubig. „Was ne Nutte! Was ne dumme Schlampe.“ Dann wird sein Avatar von den Gehilfen Hannahs K.O. geschlagen. Brammen: „Was ne dumme Hure, ohne Spaß. Einfach ne richtig abgefuckte haarige Schlampe. Ne Nutte von nem Hund.“ Beschimpfungstiraden in dieser zugespitzten Form sind nicht repräsentativ für den Großteil der LP-Videos. Sie helfen hier aber, einen wichtigen Punkt zu verdeutlichen: Selbst in dieser Zuspitzung wäre es zu kurz gegriffen, solche Be- schimpfungen einfach als Ausdruck einer nicht-spielerischen Aggressivität zu problematisieren. Vielmehr zeigt sich, dass sie als Emotionspraktiken eine sehr spezifische Funktion erfüllen. Akteure artikulieren damit auf sehr deutliche Wei- se ein Sich-Einlassen auf die narrativen Angebote des Spiels, denen zufolge die computergesteuerten Gegner als quasi-soziale Wesen dem eigenen Avatar oder ihm nahestehenden Personen Unrecht angetan haben. Als kommunikative Emo- tionspraxis dient das Beschimpfen der permanenten Vergegenwärtigung einer aus dem widerfahrenen Unrecht hervorgehenden Abneigung gegen die Gegner. In diesem Sinne ist das Beschimpfen eine in hohem Maße ludische Praxis, da es innerhalb des Spannungsfelds zwischen Ernst und Unernst signalisiert, dass die Widerfahrnis von ungerechter Gewaltausübung als bedeutungsvoll empfunden wird. Aus dieser Perspektive arbeitet das Beschimpfen auch an jenem von Winfried Fluck beschriebenen Transfer der emotionalen Wissensbestände auf das narra- tive Angebot kommunikativ mit. Mit anderen Worten: Durch das permanente Beschimpfen der Gegner bringen die Akteure ein Einfühlen in die narrativ als besonders dramatisch vermittelte Situation des eigenen Avatars zum Ausdruck und bereichern so das Spielvergnügen. Durch die performative Darstellung die- ser Praxis in LP-Videos signalisieren die Let’s Player zugleich, dass diese Art des Sich-Einlassens auf die angebotenen Narrative zu den gängigen Arten und Wei- sen des Umgangs mit Computerspielgewalt gehört. Auf diese Weise kann der Spielprozess für die Spieler mit zusätzlicher emotionaler Bedeutung aufgeladen werden. Was man durch seinen Avatar tut, ist nicht mehr belanglos, sondern in- nerhalb des Narrativs eine bedeutungsvolle Reaktion auf eine dramatische Situa- tion. Lassen sich Spieler darauf ein, haben sie auf besonders emphatische Weise Teil an der durch sie miterzählten Geschichte. 30 | PietSmiet (Brammen): BATTLEFIELD 4 SINGLEPLAYER # 8 - Hannah die Schlampe «» Let’s Play Battlefield 4/BF4 | HD (5.11.2013), 0:45-1:45. https://www.youtube.com/ embed/cc0goK_ksyc?start=45&end=105
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Titel
Gewalt im Computerspiel
Untertitel
Facetten eines Vergnügens
Autor
Christoph Bareither
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
370
Schlagwörter
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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