Seite - 276 - in Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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GEWALT IM
COMPUTERSPIEL274
manchmal Monate hinweg anhaltende Feindschaften zwischen Gegnern erge-
ben. Diese werden zur Ausgangsbasis für regelrechte Rachefeldzüge. Man will
beispielsweise – so formulieren es verschiedene Spieler – mit dem Gegner „ein
Hühnchen rupfen“, muss „Contra geben“, „Vergeltung“ üben oder man hat „noch
eine Rechnung offen“. (FT) Auch Sätze wie: „Der Hundesohn Alter, ohne Scheiß!
Wenn ich den in die Griffel bekomm, Alter, ohne Scheiß!“, oder: „[Wir wollen] ei-
nen Anschlag auf HS [verfeindeter Clan, C.B.] verüben. Das soll möglichst brutal
werden. Möglichst brutal und alles kaputt machen“, sind keine Seltenheit. (FT)
Der Wunsch nach Rache ist auch hier, genau wie in Singleplayer-Games, eine
wichtige Motivation für die sich wiederholende und hochsteigernde Ausübung
ludisch-virtueller Gewalt. Wie oben beschrieben, erklären einige Spieler im Inter-
view ihren Hass auf den Spieler Maxo. Als ich Tobi im Interview frage, ob er sich
für dessen Untaten schon revanchiert habe, verneint er, doch ergänzt:
„Das kommt schon noch. Ich war dann so sauer, ich hab mir dann gedacht: ‚Vor dem
seinem Haus – ich hab genug Sniper [Scharfschützengewehre, C.B.] [...] – ich leg mich
da von mir aus wochenlang vor sein Haus und werd es zusnipen [mit dem Scharfschüt-
zengewehr belagern, C.B.]. Aber das, das kriegt er schon noch zurück. [...] Ich hab genug
Granaten, und Granatwerfer.“ (IV21)
Auch der Spieler Mike hält Maxo und seinen Clan für die schlimmste Gruppe auf
seinem Server. Permanent greifen sie seine eigene, noch sehr schwache Gruppe
an, was er als ungerecht empfindet:
„Und echt im Hintergrund denken ich und Erri [sein Mitspieler, C.B.] [...] halt eben die
ganze Zeit nur daran, die zu killen (C.B. lacht, Mike auch). Weil wir werden nämlich uns
jetzt aufstocken mit Waffen und dann werden wir ihre Base [Basis, C.B.] komplett auf dem
Berg belagern, mit allen Mann von ATB [verbündeter Clan, C.B.], dann liegen da oben 25
Leute. Das wird übelst den großen Knall geben.“ (IV4)
Manchmal reicht auch einfach, dass man selbst getötet wurde, um den Wunsch
nach Rache entstehen zu lassen. Als der Spieler Rengo beispielsweise erschossen
wird, regt er sich im Sprachkanal lautstark auf: „Hoffentlich hab ich den Typ ge-
troffen und er blutet richtig dreckig aus seinem Bauch [...]“, kommentiert er mit
ernster Stimme. Einer unserer Mitspieler quittiert das mit einem Lachen. Rengo
bleibt aber ernst: „Ich möchte jetzt diesem hässlichen Spasti so richtig ins Gesicht
schießen!“ Also holt er sich mit einem neuen Avatar eine neue Waffe und legt
sich auf die Lauer. „Ich mach dich kaputt, du Arschloch!“, verspricht er seinem
Gegner, ohne dass der ihn hören könnte. Ein anderer Mitspieler kommentiert im
Sprachkanal, im Gegensatz zu Rengo höchst amüsiert: „Rageattack [Wutattacke,
C.B.]!“ Rengo bleibt aber ernst und will Rache: „Ich hass das, wenn die mich in
DayZ töten. Darauf komm ich gar nich klar.“ Und als er eine Handgranate findet,
kommentiert er: „Ich hoffe, die steck ich in seinen Arsch rein.“ (FT)
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Titel
- Gewalt im Computerspiel
- Untertitel
- Facetten eines Vergnügens
- Autor
- Christoph Bareither
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 370
- Schlagwörter
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364