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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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GEWALT IM COMPUTERSPIEL280 die gezielte Mobilisierung und Unterdrückung von Gefühlen49 oder der kommu- nikative Austausch von „gestures of emotion work“50. In vielerlei Hinsicht kön- nen diese Prozesse auch als Emotionspraktiken verstanden werden. Allerdings argumentiert Hochschild auf Basis eines klassischen Subjektbegriffs, der es ihr erlaubt, zwischen surface acting und deep acting innerhalb von emotion work zu unterscheiden.51 Surface acting meint das Vorgaukeln von Emotionen, die man nicht ‚wirklich‘ fühlt. Deep acting meint dagegen die aktive Gestaltung der eige- nen Gefühle, die einen selbst genau wie andere täuscht.52 Bei dieser Unterschei- dung droht aus praxistheoretischer Perspektive die Reproduktion hinderlicher Dichotomien von oberflächlichen vs. tiefen beziehungsweise echten vs. unechten Gefühlen. Im Sinne William Reddys (vgl. auch Kap. 2.1.3) sind genau diese Un- terscheidungen aufzulösen, da auch der Akt des Vorgaukelns von Emotionen nie ohne Effekt auf sie bleibt.53 Ist man sich aber dieser Schwierigkeiten bewusst, wird Hochschilds Modell der feeling rules zur sinnvollen Ergänzung einer praxistheoretischen Perspektive auf Vergnügen. Es erleichtert ein Nachdenken über explizite Regeln und implizi- te, kulturell geprägte Konventionen im Umgang mit Gefühlen: „Feeling rules are standards used in emotional conversation to determine what is rightly owed and owing in the currency of feeling. Through them, we tell what is ‚due‘ in each relation, each role. We pay tribute to each other in the currency of the managing act. In interaction we pay, overpay, underpay, play with paying, acknowledge our dues, pretend to pay, or acknowledge what is emotionally due another person.“54 In unserem Alltag ist physische Gewalt mit verschiedenen feeling rules in diesem Sinne verknüpft. Diese erlauben nur in bestimmten Fällen, in denen die Gewalt als legitim und wünschenswert gerahmt ist, positiv gedeutete Gefühle. Ansons- ten legen die Körper der in unserer Gesellschaft habitualisierten Akteure ein ne- gatives Fühlen in Bezug auf physische Gewalt nahe. Spezifische Formen der Aus- übung von Gewalt sind sogar immer negativ besetzt: beispielsweise das bewusste Quälen von Feinden beziehungsweise Folter. Diese ist nicht nur illegal, sondern 49 | Ebd., S. 561. 50 | Ebd., S. 571. 51 | Vgl. u.a. Hochschild: The Managed Heart, S. 33, S. 37-48. 52 | Vgl. ebd., S. 33. 53 | Zudem ist die Unterscheidung in innere bzw. tiefe und äußere bzw. oberflächliche Emotionen selbst als Teil des aktiven Umgangs mit Emotionen zu bewerten. In dieser Funktion etablierte sie sich in westlichen Gesellschaften erst im 20. Jahrhundert, prägt seitdem aber „die Selbstinterpretation des modernen Menschen.“ Vgl. dazu Monique Scheer: Topografien des Gefühls. In: Ute Frewert u.a.: Gefühlswissen. Eine lexikalische Spurensuche in der Moderne. Frankfurt a.M. 2011, S. 41-64, hier: S. 63. 54 | Vgl. u.a. Hochschild: The Managed Heart, S. 18.
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Titel
Gewalt im Computerspiel
Untertitel
Facetten eines Vergnügens
Autor
Christoph Bareither
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
370
Schlagwörter
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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