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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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DRAMATISCH UND DEVIANT 293 5.3.2 Ärgern und Trollen Bleibt die Frage, inwiefern auch Multiplayer-Games die Erzeugung humorvoller Inkongruenzen erlauben. Die Ausgangssituation ist eine grundsätzlich andere, insofern die Narrative hier meist in den Hintergrund treten und es (zumindest im Kampf Spieler-gegen-Spieler) keine Unbeteiligten gibt. Spiele wie Counter-Strike oder Battlefield 3+4 bieten im regulären Spielprozess gar nicht die Möglichkeit, sich durch Computerspielgewalt deviant zu verhalten, da alle Spieler als Kämpfer beteiligt sind und ohnehin permanent Computerspielgewalt ausüben. Auch hier gibt es aber Ausnahmen von der Regel. So beginnen die meisten Counter-Strike Wettkämpfe beispielsweise mit einer Aufwärmrunde, innerhalb derer die gemachten Kills noch nicht zählen. Immer wieder lässt sich in dieser Phase beobachten, dass Spieler ihre eigenen Teammitglieder töten und sich an- schließend lautstark darüber amüsieren. Teils kommt es zu regelrechten Gefech- ten innerhalb des eigenen Teams, die dann aber stets von süffisanten Sprüchen und Neckereien begleitet sind. Es wäre zu weit gegriffen, hier von einem Tabu- bruch zu sprechen, aber das Prinzip der Erzeugung einer humorvollen Inkongru- enz greift auch hier: Es ist nicht üblich, die eigenen Teammitglieder anzugreifen, und weil man genau diese Erwartungshaltung bricht, kann die Situation als lus- tige Überschreitung gedeutet werden. Computerspieler bezeichnen solche Praktiken teils als „Trollen“, was in etwa „Ärgern“ bedeutet. (FT) Praktiken des gegenseitigen Ärgerns können auch abseits des Computerspielens humorvolle Erfahrungen erzeugen, indem sie unerwartete Störungen und damit Inkongruenzen entstehen lassen. In Computerspielen ist ludisch-virtuelle Gewalt als die oftmals einzige Form der virtuell-körperlichen Interaktion auch das bevorzugte Werkzeug dieses gegenseitigen Ärgerns. Das kann dann mit einem dezidierten Bruch von feeling rules einhergehen, wenn genug Entscheidungsfreiraum vorhanden ist, damit Gefühlsregeln über- haupt nötig und sinnvoll werden. Das ist beispielsweise in DayZ der Fall. Inner- halb der Spielkultur von DayZ werden aufgrund der großen Entscheidungsfrei- heit permanent die Regeln des Zusammenspielens unter den Spielern verhandelt, was die Aushandlung von Gefühlsregeln einschließt. Das wohl eindrücklichste Beispiel ist, dass es vielen Spielern als Fehlverhalten gilt, anderen Spielern vor- zugaukeln, „friendly“ zu sein, nur um sie in eine Falle zu locken und ihnen in den Rücken zu schießen (vgl. auch Kap. 5.2.1). Dieses Verhalten beschreiben viele Spieler als fies, gemein oder feige, wodurch das Machen positiver emotionaler Erfahrungen mit dieser Praxis diskursiv untersagt wird. Während es den einen folglich unmöglich scheint, sich an diesem Verhalten erfreuen zu können, haben andere nicht trotz, sondern wegen dieser feeling ru- les ihren Spaß damit. Mike erzählt beispielsweise im Interview, wie einer seiner Mitspieler einen Fremden in seinem Auto mitgenommen habe, nur um ihn an Mike vorbeizufahren, so dass der dem Nichtsahnenden mit seinem Scharfschüt- zengewehr einen Kopfschuss verpassen konnte – und er beendet diese Erzählung
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Titel
Gewalt im Computerspiel
Untertitel
Facetten eines Vergnügens
Autor
Christoph Bareither
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
370
Schlagwörter
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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