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							GEWALT IM
COMPUTERSPIEL332
anderen populären Nutzungsweisen von Repräsentationen physischer Gewalt
wird. Computerspielgewalt verbindet dadurch im Hinblick auf die Nutzung der
Emotionspotenziale physischer Gewalt die Stärken des Films, der Literatur und
der bildenden Künste mit denen eines körperlich aktiven Spiels. Mehr noch: Die
Virtualität ermöglicht zugleich die permanente Vergegenwärtigung des meta-
kommunikativen Zustands als ein nicht-ernstgemeintes Spiel im Sinne Gregory
Batesons (vgl. auch Kap. 2.2.4). Auf spielerische Weise kann sie zum Element ei-
nes von Konsequenzen befreiten Gegeneinanders, des Miteinanders, der dramati-
schen Aufladung, des devianten Verhaltens oder auch ambivalenter Erfahrungen
und kritischer Reflexion werden. Vergegenwärtigt man sich die Verflechtung die-
ser Potenziale, wird deutlich, dass ludisch-virtuelle Gewalt nicht nur eine weitere,
sondern in vielerlei Hinsicht eine besonders effektive Art und Weise ist, um die
Emotionspotenziale physischer Gewalt zum Vergnügen zu nutzen.
Damit hilft die Studie also hoffentlich zu verstehen – auch wenn sie diese Fra-
ge niemals allgemeingültig und in einem deterministischen Sinne klären kann –,
was so vielen Menschen eigentlich so viel Vergnügen an Computerspielgewalt
bereitet. Und damit unterstreicht sie zugleich, dass Computerspielgewalt nicht so
leicht durch andere Prozesse zu ersetzen ist – zumindest dann nicht, wenn wir
davon ausgehen, dass viele Menschen in unserer Erlebnisgesellschaft grundsätz-
lich nach positiv gedeuteten emotionalen Erfahrungen durch Vergnügen streben.
Zweitens möchte die Studie zugleich zeigen, welche verschiedenen emotio-
nalen Erfahrungen durch Computerspielgewalt machbar sind und einen emoti-
onal nachvollziehbaren Einblick in diese verschiedenen Erfahrungsdimensionen
geben. Aus meiner Sicht wäre es an der Zeit, bei kritischen Debatten rund um
sogenannte Killerspiele die sehr unterschiedlichen Erfahrungsfacetten in ihren
jeweils individuellen Spezifika zu diskutieren und auch bei der Frage nach Medi-
enwirkungen – wenn man sie denn stellen möchte – die Existenz unterschiedli-
cher Praktiken und Erfahrungsweisen anzuerkennen, anstatt Computerspielge-
walt zu pauschalisieren und zu simplifizieren.
Die vorliegende Studie versteht sich also als Grundlage und Aufforderung
zum differenzierten Weiterdiskutieren. Und das gilt nicht nur für die Seite der
Außenstehenden. Auch die Spieler selbst tendieren häufig zu Pauschalisierun-
gen und wollen ganz grundsätzlich keine Kritik an ihrem Hobby gelten lassen.
Vielleicht wäre es auch hier an der Zeit, sich zu fragen, welche emotionalen Er-
fahrungen man mit Computerspielgewalt überhaupt machen möchte. Denn sie
sind nicht alle gleich. Vielleicht sind manche von ihnen kritischer zu betrachten
als andere, und vielleicht bleiben manche Potenziale von Computerspielgewalt
noch zu häufig ungenutzt. Wenn die gesellschaftspolitische Debatte um Compu-
terspielgewalt voranschreiten soll, müssten jedenfalls beide Seiten festgefahrene
Vorstellungen und Habitualisierungen rund um dieses Vergnügen aufbrechen
und es besser verstehen lernen. Wenn die am Diskurs Beteiligten das aber tun
und sich dadurch auf eine differenziertere Diskussion einlassen würden, wäre
bereits viel gewonnen.
					
				
						Gewalt im Computerspiel
							Facetten eines Vergnügens
								
				- Titel
 - Gewalt im Computerspiel
 - Untertitel
 - Facetten eines Vergnügens
 - Autor
 - Christoph Bareither
 - Datum
 - 2016
 - Sprache
 - deutsch
 - Lizenz
 - CC BY-NC-ND 4.0
 - ISBN
 - 978-3-8394-3559-5
 - Abmessungen
 - 14.8 x 22.5 cm
 - Seiten
 - 370
 - Schlagwörter
 - Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
 - Kategorie
 - Medien
 
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 7
 - 2. Theorie und Methode 15
 - 3. Virtuell-körperlich 93
 - 4. Kompetitiv und kooperativ 199
 - 5. Dramatisch und deviant 247
 - 6. Ambivalent 297
 - 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
 - Literatur und Anhang 333
 - Literatur 333
 - Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
 - Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
 - Verzeichnis der geführten Interviews 364