Seite - 24 - in Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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Rahmenbedingungen24
der habsburgischen Monarchie.44 Die wenigen seit den 2000er Jahren vorliegenden
Forschungen über die Aufnahme des Kriegsbeginns in Österreich-Ungarn blieben
mehr oder weniger auf die cisleithanische Reichshälfte beschränkt. An erster Stelle
sind hier die am Puls der Zeit liegenden Forschungen von Oswald Überegger,
Gunda Barth-Scalmani, Herman J. W. Kuprian und Matthias Rettenwander über
Tirol sowie prinzipiell die beiden Publikationsreihen „Tirol im Ersten Weltkrieg.
Politik, Wirtschaft und Gesellschaft“ und „Innsbrucker Forschungen zur Zeitge-
schichte“ zu nennen. Ebenso innovativ und luzide sind Christa Hämmerles mili-
tär- und geschlechtergeschichtliche Forschungen über die letzten Jahrzehnte der
Habsburgermonarchie sowie prinzipiell die weltkriegsbezogenen Spezialuntersu-
chungen von Günther Kronenbitter, Martin Moll und Anatol Schmied-Kowarzik.
Daneben existieren einige Augustkapitel in thematisch größer angelegten Mono-
grafien sowie einzelne Beiträge in diversen Sammelbänden und Zeitschriften.45
Aus dem Desiderat an großflächigen Betrachtungen über die Grazer Bevölke-
rung in den ersten Kriegsmonaten ergibt sich demnach eine Chance für die vorlie-
gende (mikrohistorische) Arbeit.46 Dabei stellt mein Ziel zum einen ein anschluss-
fähiges Zusammenführen bisheriger (und hier weitgehend deutschsprachiger)
Auguststudien sowie ein Abwägen der Methoden dar. Zum anderen geht es mir
um die Interpretation von Zeugnissen aus der regionalen Vergangenheit, die die
geografische Dichte der Augustforschungen und jene der Studien über die Steier-
mark im Ersten Weltkrieg erhöhen sollte. Und drittens kann das Vorliegende im
besten Fall für die Studien, die sich mit den „zwischenkriegszeitlichen“ Erinne-
44 Für Russland nuanciert und mit weiterführender Literatur: Leonhard (2014), 140–143, 156; Kat-
zer (2008), 275
f. Ein kurzer Abriss über die Aufnahme des Kriegsbeginns in Riga und Vilnius in:
Hatlie (2008), 16 f.; Weeks (2008), 38 f. Speziell zur (in der heutigen Ukraine liegenden) Provinz
Charkiw während des Ersten Weltkriegs: Baker (2001). Für Italien 1915: Esposito (2011), 54, 105,
119, 249. Für Zürich bzw. den Raum Basel: Herber (2014); Hinz (1996). Wie die ersten Kriegs-
erklärungen von Ende Juli und Anfang August 1914 im Osmanischen Reich (Kriegseintritt Ende
Oktober) aufgenommen wurden, wurde anscheinend noch nicht großflächig erforscht. Jedenfalls
nicht im deutsch- oder englischsprachigen Raum. Selbiges gilt für Lateinamerika, Asien oder
Afrika, vgl. dennoch exemplarisch den sehr gewinnbringenden Sammelband: Lakitsch/Reitmair-
Juárez/Seidel (2015).
45 Zur mentalen Kriegsvorbereitung: Moll (2016). Für Lemberg (Lviv): Mick (2010), 69–79. Für
Prag (Praha): Galandauer (2005); Welling (2003), 74–106, des Weiteren: Nolte (1999). Für die
ungarische „Elite“ nach wie vor: Mihályhegyi (1980). Für Salzburg nuanciert: Hanisch (2014). Zu
Linz im Ersten Weltkrieg vgl. das materialreiche Buch von: Hauch (2013), 114
f. Ferner nach wie
vor: Hofbauer (1994).
46 Das Schreiben einer Mikrohistorie ist untrennbar mit den Arbeiten von Carlo Ginzburg, Natalie
Zemon Davies und Emmanuel Le Roy Ladurie verbunden [Nicht im Literaturverzeichnis ange-
führt].
Graz 1914
Der Volkskrieg auf der Straße
- Titel
- Graz 1914
- Untertitel
- Der Volkskrieg auf der Straße
- Autor
- Bernhard Thonhofer
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln- Weimar
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20569-2
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 510
- Schlagwörter
- Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Rahmenbedingungen 15
- Sarajevoer Attentat und Graz 69
- Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
- Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
- Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
- Intensive Julipolemik 88
- Der „Demarche-Rummel“ 99
- Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
- Fallende Börsenkurse 110
- Ultimatum an Serbien 112
- Lokalisierungsfrage 116
- Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
- Zur Trauerstimmung 122
- Innenstadt und Bahnhof 135
- Kein Telefonnetz 135
- Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
- Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
- Offengelegte Zeitungspolitik 151
- Unklare Mobilisierungsplakate 154
- Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
- Grazer „Feldlager“ 166
- Die letzten Tage im Juli 170
- Großbritannien und Italien 176
- Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
- Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
- Abschiedsszenen 194
- Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
- Ein „Denkmalfrevel“ 212
- Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
- Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
- Präventivzensur 227
- Erste „Soldatenerzählungen“ 234
- Grazer Frauenhilfskomitee 245
- Transportkolonne am Bahnhof 252
- Alltag und Einheitsprüfungen 257
- Arbeitslosigkeit 257
- Andrang auf die Geldinstitute 267
- Ausstattungsfrage und Postämter 276
- Hamsterkäufe 284
- Mietzins 299
- Kirchen und Friedhöfe 303
- Verlustlisten 318
- Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
- Ausschreitungen 333
- Demonstrationen vor Geschäften 340
- Über die „Sprachbereinigung“ 346
- Modeboykott 354
- Soldaten abseits der Truppe 363
- Neue Wachposten 374
- Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
- Pfadfinder und Wandervogel 389
- Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
- Diebstahl und Betrug 404
- Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
- Schlussbetrachtung 423
- Anhang 453