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Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Seite - 43 -
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Mikrohistorie | 43 unbegründet.135 Am Ende dominierte, wie gesagt, bei meinen Kausalerklärungen die Narrativität entschieden über die Quellenkontrolle, weil „die Frage, warum es so und nicht anders gekommen ist, nur dialogisch gebrochen beantwortet wer- den kann“.136 Die Gefahr, dass jedes einer konzeptgegossenen Aufstiegs-, Erfolgs-, Verfalls-, Elends-, Rache- oder Heroengeschichte widersprechende Einzelfaktum unterschlagen wird, besteht aufgrund des fehlenden Fluchtpunkts daher nicht. Dagegen machten sich andere Probleme breit. Das Thema erforderte in hohem Maße den Blick auf das Wesentliche zu wahren. Der genaue Blick auf die Wochen rund um den Kriegsbeginn verleitete gerade dazu, jedes noch so kleine historische Ereignis mit Bedeutung zu überfrachten. Die Angst vor der unbrauchbaren „Nei- gung zum mikrohistorischen Klein Klein“137 (wie es Jürgen Kocka genannt hat) bzw. die Angst vor dem Aufzählen von Ausnahmen von Ausnahmen war bei mir durchaus gegeben. Aus meiner Sicht fertigte ich dennoch keine methodisch un- kontrollierte „Schmetterlingssammlung“ mit viel deskriptiv-dokumentarischem Lokalkolorit an. Der enge Horizont der Empirie wurde meines Erachtens dadurch erhellt, dass die Forschungsfragen sowie das Methodenwerkzeug stets erkennbar sind. Allerdings kann ich mir sehr gut vorstellen, dass man den Text als überladen und somit anstrengend bis hin zu ermüdend empfinden kann. Zweiter Methodenstrang: Das Verfassen einer Mikrohistorie kennt – so wie sie hier verstanden wird – keinen konzeptionellen, erkenntnistheoretischen Un- terschied zwischen der Mikro- und der Makroperspektive, zumal jedwede ge- schichtswissenschaftliche Perspektive – mit Ausnahme der quellenproduzierenden Oral History – rückschauend, gebrochen und von oben erfolgt. Die Mikroebene und die Makroperspektive unterscheiden sich aber graduell in ihrem unterschied- lichen Hang zur Abstraktions- und Generalisierungsbereitschaft, deren Ausmaß als solches noch nichts über die Nachvollziehbarkeit und Anschlussfähigkeit ei- ner Studie besagt. Vom Prinzip her sind daher die Fliegen- und Vogelperspek- tiven weder kurzsichtig und detailverliebt, noch sind die Flugzeug- und Satelli- tenperspektiven oberflächlich und unpräzise. Ihre von einander abweichenden Maßstäbe, Erzählgeschwindigkeiten und Themenpaletten sind aus meiner Sicht gleichwertig, zumal sie sich gegenseitig bedingen, inspirieren bzw. warnen. Und so 135 Man denke nur an die bequem-gefährlichen Fehlschlüsse „cum hoc ergo propter hoc“ und „post hoc ergo propter hoc“. Zu der Vielzahl an Signalwörtern, die meine Kausalbeschreibungen einlei- ten, zählen beispielsweise: führen, forcieren, bewirken, stimulieren, schaffen, verstärken, ermög- lichen, evozieren etc. 136 Ich stütze mich hier auf den Aufsatz „Erfahrungswandel und Methodenwechsel. Eine historisch- anthropologische Skizze“ von: Koselleck (22010a), 57. 137 Kocka (1989), 43.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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