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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Seite - 217 -
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Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie | 217 „letzte[n], heilige[n] Krieg“428 gelte es, so schwierig und entsetzlich dieser sich auch zeigen möge bzw. bereits zeige, durchzustehen. Den Topos vom „letzten, heiligen Krieg“ übernahm der Arbeiterwille aus einem Gedicht des sozialistischen Dichters Georg Herwegh (1817–1875). Der Einsatz von religiösem Jargon frappiert wenig, zumal die Sozialdemokratie seit jeher viele ihrer Stellungnahmen mit Adjektiven aus dem religiösen Bereich versah.429 Als Beispiel hierfür sei auf die sozialdemo- kratische Juniberichterstattung verwiesen. So kam beispielsweise bei der sozialde- mokratischen Wahlkampfveranstaltung vom 26.  Juni 1914 ein „wahrhaft heilige[r] Zorn über das geschehene Unrecht“430 zum Ausdruck. An einem weiteren Artikel lässt sich zudem erkennen, dass sich die Schreibweise des Arbeiterwillens nicht sonderlich von seiner Rhetorik bezüglich der (vorkriegszeitlichen) 1.  Maifeiern unterschied. Das beste Beispiel hierfür wäre der Artikel „Auf, zur Maifeier!“ vom 27.  April 1914: „Und diese feste Zuversicht, diese unerschüttliche Gewißheit, daß wir bald vor der letz- ten großen Entscheidung stehen, die mit den Ausbeutern und Unterdrückern für immer Ausbeutung und Unterdrückung aus allen Kulturstaaten verbannen wird, diese lodernde Begeisterung, die heute in Tausenden von Herzen schlägt, dieser feste Glaube an die Menschheit, der Hunderttausende von Köpfen beherrscht, dieser heilige Zorn, der Milli- onen friedfertiger arbeitsgewohnter Hände zu drohenden Fäusten zusammenballt – der Maifeier verdanken wir vor allem mit ihrer Träger [sic] Disziplin, ihre Überzeugungs- treue, ihren Opfermut, ihre Kampfbereitschaft. Darum: Hoch der 1.  Mai! Hoch der Tag des Trutzes, hoch der Tag der ‚Verkündigung‘, hoch der Tag des Protestes gegen Kriegs- greuel und Unkultur, gegen Klassenjustiz und gegen Koalitionsraub, Arbeiterentrech- tung und Lebensmittelwucher!“431 Im Juli 1914 blieb für den Erwerb eines neuen Jargons aufgrund der sich überschla- genden Ereignisse keine Zeit. Auch die anderen Grazer Tageszeitungen konnten den Kriegsbeginn nur mit jenen Begrifflichkeiten und Denkmustern erfassen, die sie seit Jahrzehnten eingeübt hatten. Erst im weiteren Kriegsverlauf lassen sich – 428 Der Weltkrieg, in: Arbeiterwille, 6.8.1914 (Abendausgabe), 1. 429 Ein Abriss über den gezielten Einsatz christlicher Mythologie (im Rahmen von Erlösungshoff- nungen etc.) vonseiten der sozialdemokratischen Presse Deutschlands in: Reimann (2000), 251. 430 Die Demonstration der Grazer Arbeiter, in: Arbeiterwille, 28.6.1914, 1. Das „Unrecht“ bezog sich auf den Gerichtsprozess rund um einen Gesellen, der den „Arbeiterführer“ Michael Kosel töten wollte, siehe das Kapitel: Grazer Gemeinderatswahlkampf. 431 Auf, zur Maifeier!, in: Arbeiterwille, 27.4.1914 (Abendausgabe), 1.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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