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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Seite - 249 -
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Grazer Frauenhilfskomitee | 249 Grazer Gemeinden stammt und] sechstens von Geburt an evangelisch-deutsch ist.“606 Das sechste Kriterium war wie die anderen vom damaligen Standpunkt aus gesehen eindeutig. Politisch grundierte Anforderungsprofile wie jenes des Sara- jevo-Stiftungsplatzes zeigen, dass man in der Not des Kriegs vielfach nicht über die konfessionellen und nationalen Zugehörigkeiten hinwegsah. Eher das Gegenteil war der Fall, sodass eine gesamtgesellschaftliche „Kriegsgemeinschaft“ bereits von Kriegsbeginn an nicht möglich war. Ein weiteres Beispiel, das verdeutlicht, dass man während des Kriegs die Konfessionskonflikte nicht ruhen ließ, stellt der Ver- kauf eines Gutes in der steirischen Gemeinde Gröbming dar: „Unserer schon schwer genug bedrängten Gemeinde droht neuerlich wieder große Ge- fahr. Eines der schönsten und bestgelegenen Güter, auf dem bisher jahrelang eine ein- trägliche Gastwirtschaft betrieben wurde, ist durch Todesfall verkäuflich geworden, aber kein evangelischer Käufer will sich finden. Wenn das Gut, das unmittelbar der evang. Kirche und Pfarrhaus benachbart ist, in [...  die Hände] eines der nicht evangelischen Fanatiker käme, sind die Folgen für Gemeinde und Kirche gar nicht abzusehen.“607 Auch an der hier geführten Bodenfrage erkennt man, dass der auf den vorderen Seiten eines Publikationsorgans beschworene Burgfrieden auf den hinteren Seiten sehr schnell an seine Grenzen geriet. In den Sparten der hinteren Seiten themati- sierte man nämlich breit die alten und neuen Erschwernisse des Alltags, deren Be- wältigung nur mühselig ohne gesellschaftliche Reibungen erfolgen konnte. Diesbe- züglich muss noch hinzugefügt werden, dass es sich bei dem Begriff „Burgfrieden“ um eine „Mangelware“ handelt. Er scheint in den Grazer Zeitungen mehrheitlich nur dort auf, wo man über andere Länder – via Korrespondenzübernahme oder redaktionseigenen Stellungnahmen – berichtete (Deutschland608, Großbritan- nien609, Russland610). Dort, wo man über die „Einheit“ in Österreich-Ungarn (oder vielfach nur jene in Österreich) schrieb, griffen die Zeitungen nämlich nur selten 606 Ebd. 607 Gröbming. (Aus der Gemeinde.), in: Evangelische Kirchen-Zeitung für Oesterreich, 1.8.1914, 192. 608 Der „Burgfriede“, in: Arbeiterwille, 17.10.1914, 2. 609 Die englischen Arbeiter gegen die allgemeine Wehrpflicht, in: Arbeiterwille, 17.11.1914, 5: „Auch in England herrscht ein ‚Burgfrieden‘. Erfreulicherweise besteht er bisher in der Hauptsache da- rin, daß man den Arbeitern in devotester Weise entgegenkommt, denn die herrschenden Klassen zittern wie Espenlaub vor jeder geringsten oppositionellen Regung des Proletariats.“ 610 Die Gefangenen in Sibirien, in: Arbeiterwille, 20.11.1914, 3: „Denn Rußland kennt keinen ‚Burg- frieden‘ [...].“
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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