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Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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| Alltag und Einheitsprüfungen300 und einzelne Parteien haben bereits die Kündigung erhalten. Wir werden demnächst die Namen dieser famosen Herren an den Pranger hängen, vorläufig sagen wir Pfui Teufel! über solche Jesuiten. Wie überall, haben auch bei uns die [...  Greißler/Krämer] keine andere Sorge gehabt, als die, ihren Profit durch ungeheure Preissteigerungen bei allen Artikeln zu verdoppeln. […] Arm wäre Österreich, müßte es sich auf diese Krämersee- len verlassen, die das Vaterland nur beim Biertisch verteidigen.“280 Beispielgebend ist hier auch der Arbeiterwille-Artikel „Pfui Teufel!!“281 aus den letzten Augusttagen. Der Artikel stellt rückblickend eine von zahllosen Einheits- prüfungen dar. Die Zeitungen prüften nämlich permanent die Menschen auf ihre „Einheitstauglichkeit“ hin. Jene Menschen, die sich nicht an die Vorgaben des Staats und an die („ungeschriebenen“) Ge- und Verbote der Redaktionen hielten, wurden meistens stigmatisiert und kriminalisiert. In dem Artikel „Pfui Teufel!!“ liest man beispielsweise von zwei Vermietern, die den Krieg nur zu ihren Gunsten ausnützen würden. Jedenfalls taten sie dies in den Augen des Arbeiterwillens, wes- wegen sie von ihm scharf attackiert wurden: „Ein recht kräftiges ‚Pfui Teufel!‘ muß einem unwillkürlich entschlüpfen, wenn man er- fährt, wie einzelne Zinsgeier in der Zeit, wo alles tätig ist, die Not im Lande zu mildern, gegen die armen Familien der Hinterbliebenen vorgehen. So wird uns von einem Falle in der Schönaugasse 9 berichtet. Dort hat der Kaufmann Karl Frühwirt drei Stockwerke des Hauses gepachtet. Im zweiten Stockwerke wohnt die Frau eines Reservisten mit ei- nem Kind. Sie bat den Hausherrn, er möge mit dem Zins so lange warten, bis sie die Familienunterstützung erhält. Die Antwort war, daß sie von ihm beschimpft wurde. Sie sei ein faules Ding. Sie soll ihr Kind auf die Kost geben und in den Dienst gehen, meinte er, der gute Patriot. Die Familie soll den Mann ins Feld schicken, das Kind weggeben, die Möbel verschleudern, die Wohnung auflassen und die Frau soll dann vergebens von einer Gnädigen zur anderen laufen, weil jetzt bekanntlich die Dienstboten entlassen, aber nicht aufgenommen werden. Das alles aber nur, weil der Herr Kaufmann nicht 14 Tage oder drei Wochen auf den Zins warten konnte. Dabei ist diese Frau die einzige im Hause, deren Mann im Felde ist. Die Frau beantwortete sein Vorgehen mit einem kräf- tigen ‚Pfui Teufel!‘, in das wir [der Arbeiterwille] mit ganzem Herzen einstimmen. Sie ist bereits übersiedelt und hat zu den anderen Sorgen noch die hohen Übersiedelungs- kosten gehabt.“282 280 Leoben-Donauwitz, in: Arbeiterwille, 6.8.1914, 5. 281 Pfui Teufel!!, in: Arbeiterwille, 26.8.1914, 3. 282 Ebd.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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