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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Seite - 302 -
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| Alltag und Einheitsprüfungen302 den Maße entgegenkommt.“288 Auf die Schnelle könnte man meinen, dass Konrad Föllinger dem druckausübenden Artikel nicht standhielt und daraufhin seinen Mietern entsprechend entgegenkam. Dem war aber nicht so. Im Endeffekt hatte er bereits seit Wochen die Mieten reduziert. Zumindest steht das in einem Novem- berartikel des Arbeiterwillens (!), der damals die Mietpreisnachlässe von Konrad Föllegger als nachahmenswert einstufte.289 Für diese Blamage entschuldigte sich der Arbeiterwille nicht. Im Grunde genommen entschuldigten sich die Grazer Zei- tungen nur sehr selten, wenn ihnen ein redaktionseigener „Anprangerungsfehler“ unterlief. Anhaltend hieß es im Arbeiterwillen, dass bestimmte Grazer im „War- men/Trockenen“ säßen und den Krieg zu ihrem eigenen Vorteil ausnützen wür- den.290 Diese Menschen galt es, zu finden und öffentlich zu „brandmarken“. Zu- sätzlich dazu versuchte er in mehreren Artikeln die neue Wohnrechtslage seinem Publikum näher zu bringen. Der Kern seiner Ratschläge bezüglich der „ärgste[n] und bedrückendste[n] Sorge“ (=  Mietzins in Kriegszeiten) lautete: „Es ist also die erste Regel für die Frau des Eingerückten: ‚Unterschreibet dem Hausherrn keine Zeile.‘“291 Ebenso befand sich im sozialdemokratischen Parteihaus eine Auskunfts- stelle für jedwede Fragen von Seiten der Bevölkerung.292 Letztendlich zeigt sich auch an der Mietzinsfrage, dass im Organ der Sozialdemokratie fortschritts- und gestaltungsoptimistische Haltungen neben negativen Kriegsvorstellungen standen. Schrieb der Arbeiterwille an dem einen Tag, dass die „Scheinpatrioten“ nach dem Krieg bestraft werden würden, resignierte er in anderen Artikeln: „Viel, viel haben Friedenszeiten an den wirtschaftlichen Schwächsten gutzumachen, Wunden, die der Krieg geschlagen, an Frauen und Kindern zu heilen.“293 Die bürgerlichen Gra- zer Zeitungen erkannten ebenfalls, dass sich das Verhältnis zwischen den Mietern und Vermietern mit Kriegsausbruch verschärfte. Ihre Berichterstattung, die sich größtenteils auf die Wiedergabe diverser Verordnungen und Presseaussendungen von Hausvereinen und Ministerien beschränkte294, fiel aber nachvollziehbarer- weise weitaus geringfügiger aus als jene des Arbeiterwillens. Weder präsentierten sich die bürgerlichen Zeitungen als Anwälte der Vermieter noch der Mieter. 288 St. Peter-Freienstein, in: Arbeiterwille, 10.12.1914, 6. 289 Nachahmenswertes Beispiel eines Hausherren, in: Arbeiterwille, 29.11.1914, 8. 290 Siehe dazu die vier Kapitel: Antisozialdemokratischer Demonstrationszug, Erste „Soldatenerzäh- lungen“, Kirchen und Friedhöfe und Über die „Sprachbereinigung“. 291 Das Mietverhältnis und der Krieg, in: Arbeiterwille, 11.9.1914, 3. 292 Auskunftsstelle, in: Arbeiterwille, 5.8.1914, 4. 293 Grazer Elendsbilder, in: Arbeiterwille, 6.12.1914 (2.  Ausgabe), 9. 294 Uneindringlichkeit von Mietzinsen, in: Grazer Tagblatt, 1.9.1914, 3; Der Verein der Hausbesitzer der Marktgemeinde Eggenberg, in: Grazer Vorortezeitung, 6.9.1914, 3.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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