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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Seite - 385 -
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Neue Wachposten | 385 auf allen Bahnanlagen sowie Militärbauten freigegeben.724 Dies galt auch für Au- tos, die trotz Aufforderung nicht anhielten. Es wurden daher mehrmals „[d]rin- gende Mahnung[en] an die Lenker von Fahrzeugen aller Art“ ausgegeben.725 Ins- besondere dem ominösen Auto, dem sogenannten Goldauto, das angeblich mit mehreren Millionen oder Milliarden Franken (oder dutzenden Goldbarren) von Frankreich nach Russland fuhr, schenkte man in diesen Tagen hohe Aufmerksam- keit. Rückblickend handelt es sich hierbei um ein variantenreiches Gerücht, das sich nahezu überall in Deutschland greifen lässt.726 Die Grazer Presse lieferte spo- radische Fahndungshinweise. Denen zufolge sei primär nach jungen Frauen, die hinter dem Steuer säßen, Ausschau zu halten.727 Wie intensiv man nach dem Gold- auto728 fahndete, zeigt sich in einem Bericht der maschinschriftlichen Kriegs-Zei- tung des Grazer Akademischen Turnvereins (A.  T.  V.). Dieses zunehmend profes- sioneller werdende Organ des A.  T.  V. Graz wurde bis Jahresende nur einige Male veröffentlicht – danach nahezu wöchentlich. Sieht man von dem zum Teil schwer verständlichen „Verbindungsjargon“ ab, finden sich mehrere Belege, die einen im- pulsiven Einsatz des bürgerlichen/akademischen Milieus nahelegen. Als solcher gilt auch jener Augusteintrag, der die Jagd auf das Goldauto festhält: „Keil schreibt: Das gediegenste Erlebnis war bisher die Autogeschichte: [...] Also Alarm. Sofort wurden 3 Mann kurzerhand der [...  Wache] entnommen. Ersatz eingeleitet und im Schnellschritte gings zum nächsten Bahnübergang drauaufwärts. Unterwegs Beleh- rung der Mannschaft, Feuerverteilung auf Chauffeur und Räder. Am Orte Vereinbarung mit dem Schrankenwärter [...] und kaum hatten wir unseren Posten bezogen, war mein Landsturmkamerad zum Besuch angekommen, schwirrte das erste Auto heran. ‚Schran- 724 Kögler (2008), 12. 725 Dringende Mahnung an die Lenker von Fahrzeugen aller Art, in: Grazer Tagblatt, 11.8.1914, 12. 726 Leonhard (2014), 145  f.; Verhey (2000), 147. Für Großbritannien fanden sich bis dato keine Be- lege für dieses Gerücht, aber es wurden vor allem nachts zahlreiche Autos mit Schüssen gestoppt, vgl. Müller (2002), 80. 727 Abseits der Grazer Presse ging Peter Rosegger in seinem veröffentlichten „Heimgärtners Tage- buch“ auf die Autogeschichte ein. Sein subtiler Wachsamkeits-Appell lautete wie folgt: „Plötzlich erhob sich das Gerücht, von Paris sei ein Automobil auf dem Wege, um drei Milliarden Franken nach Rußland zu bringen. Durch unser Tal müsse es kommen und die Ortschaften wären be- hördlich aufgefordert es anzuhalten. Und richtig wurde einem Dorfe telegraphisch angezeigt, daß ein verdächtiges Auto komme. Sogleich stellte die Dorfmiliz sich mit Säbel und Revolver an die Straße, fing den Wagen ab und verlangte von den Insassen Legitimation. Die Reisenden wiesen sich aus als – Beamte unseres Kriegsministeriums. Sie lobten die Wachsamkeit des Landes. Die Dorfmiliz war stolz auf die Anerkennung, aber die drei Milliarden wären ihr noch lieber gewe- sen.“ Aus: Heimgärtners Tagebuch, in: Heimgarten (1914), Nr.  12, 938. 728 Vgl. dazu auch: Moll (2007a), 246–248.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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