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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Seite - 396 -
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| Alltag und Einheitsprüfungen396 chung“ der Frau vorantreiben könnte. Die Mittel hierfür waren mannigfaltig und sie erfolgten sowohl explizit als auch unterschwellig. Hart oder sanft daherkom- mende Attacken gegen die „Vermännlichung“ der Frau blieben dabei nicht auf eine bestimmte Rubrik beschränkt. Sie erfolgten in vielen Berichtssparten. Bezüglich der Angst vor „Frauenbärten“ kann beispielsweise auf einen zielgerichteten Witz in der Mittags-Zeitung aus dem Jahr 1917 verwiesen werden: „Frau Amtmann (in Gesellschaft): ‚Ja, ja, unsere Männer haben es halt doch in jeder Beziehung bes- ser als wir, die Frauen!‘ – Der kleine Max: ‚Oha, Mama, Papa muß sich jede Wo- che viermal rasieren und Du nur einmal!‘“777 Ebenso entsprachen „die hübschen Pfadfindermädchen“778 und ihre „unbezahlbaren“ (weil aus „Liebe“ angefertigten) „Liebesgaben“ der als „natürlich“ gegeben erachteten Geschlechterrollenvertei- lung. Die Pfadfinderinnen und die Mädchen und Frauen (des Grazer Frauenhilfs- komitees) würden dementsprechend am Bahnhof den Soldaten unterstützen und nicht belasten. Die dem „nervösen Zeitalter“ immanente Angst vor der „Vermänn- lichung“ der Frau schlug sich, wie gesagt, indirekt in vielen Rubriken nieder. So kolportierte die Mittags-Zeitung Mitte Dezember 1914, dass es „ganz und gar nicht verbürgt [sei], daß der Krieg von den wilden [britischen] Wahlweibern ebenso ernst genommen [...  werde] wie von allen anderen normalen Erdbewohnern.“779 Diese laufende Kritik an den ausländischen Frauenbewegungen und Frauenorga- nisationen („Schwefelbande“780) war zudem eine indirekte Kritik oder zumindest eine Warnung an die inländischen Frauenbewegungen und Frauenorganisatio- nen.781 Diese sollten sich jetzt davor hüten, ihre vorkriegszeitlichen Ansprüche und Forderungen zu stellen. Die Angst vor der „Vermännlichung“ der Frau impli- zierte im Umkehrschluss die Angst vor der „Feminisierung“ des Manns. Es irritiert daher wenig, dass man von Seiten der bürgerlichen Redaktionen den Pfadfindern und dem Wandervogel und deren „Wehrgesinnung“ massive Wertschätzung und Hochachtung entgegenbrachte. Schließlich waren deren „Erziehungskonzepte“ mit dem Meinungshaushalt der bürgerlichen Zeitungen (und bürgerlichen Par- teien) ident. Aus diesem Grund engagierten sich nicht wenige Journalisten bei den Kinder- und Jugendgruppen. Bei den katholischen Pfadfindern waren beispiels- 777 Unsere Kinder, in: Grazer Mittags-Zeitung, 2.8.1917, 3. 778 Liebesgaben für unsere Krieger, in: Grazer Montags-Zeitung, 10.8.1914, [ohne Seitenangabe]. 779 Die Suffragetten, in: Grazer Mittags-Zeitung, 18.12.1914, 4. 780 Peter Rosegger bezeichnete die Suffragetten als „Schwefelbande“, vgl. Heimgärtners Tagebuch, in: Heimgarten (1914), Nr.  2, 138. 781 Allgemeines zu den Frauenbewegungen und Frauenorganisationen in der Habsburgermonarchie in: Flich (2006); Hauch (2006); Zaar-Bader (2006). Für die Steiermark vgl. Schmidlechner/Zie- gerhofer/Sohn-Kronthaler/Sonnleitner/Holzer (2017).
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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