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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
Seite - 427 -
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Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ | 427 der Kriegslandschaft, nicht mehr. Die Richtungen, sowohl jene der menschlichen Orientierung als auch jene der (teils holistisch aufgefassten) Landschaft selbst, de- finieren sich in dieser Zone fortwährend neu. Dementsprechend konnte es passie- ren, dass man sich im Gefecht schnell verirrte und orientierungslos herumirrte. Klare Richtungen, klare Linien werden hier von schwer erfassbaren, weil kreuz und quer verlaufenden Richtungen oder Linien verdrängt. Ein derartiges Herum(schw)irren angesichts der eigenen Orientierungslosigkeit scheint auch immer wieder in Kriegserinnerungen der Nachkriegszeit auf. Ein- drucksvoll dargestellt wurde dieses „Herum(schw)irren“ abseits der weiter unten noch darzulegenden Nachkriegsliteratur im Film „Der große Diktator“ (1940) von und mit Charlie Chaplin. Auch Chaplin irrt – nachdem er von der Maschine über- wältigt wurde (in der „Dicke-Bertha“-Szene und der „Granaten“-Szene) – während eines Angriffs orientierungslos zwischen gegnerischen Soldaten umher. Der Grund, warum ich in diesem Kapitel auf Kurt Lewin einging, liegt, wie gesagt, darin, dass Bernd Hüppaufs Überlegungen bezüglich der „Heimatfront“ teilweise auf Lewins Frontenaufriss Bezug nehmen. Seine literaturwissenschaftli- chen Betrachtungen legte er unter anderem in dem Text „Räume der Destruktion und Konstruktion von Raum. Landschaft, Sehen, Raum und der Erste Weltkrieg“ (1991) dar. Wenige Jahre später wurden sie in dem Text „Die Stadt als imaginier- ter Kriegsschauplatz“ (1995) weiter entfaltet. Entfalten bedeutet hierbei das Aus- arbeiten von (vorläufig) sechs Schemata, wie (primär) die Literatur in der ersten Hälfte des 20.  Jahrhunderts Städte zu Kriegszeiten umriss bzw. verstand.20 Meiner Meinung nach sind die beiden Aufsätze von Bernd Hüppauf in der Geschichtswis- senschaft nur wenig bekannt. Jedenfalls kamen mir Bezüge auf diese Zeitschrif- tenartikel nur selten unter.21 Verwiesen wurde immer dann, wenn es um die neue Wahrnehmung, um das neue Bewegen sowie um das neue Orientieren innerhalb der Städte während des Ersten Weltkriegs oder in der Nachkriegszeit ging. Für meine beiden Fragenbereiche ist eine Stelle aus dem Text „Die Stadt als ima- ginierter Kriegsschauplatz“ von besonderer Bedeutung. Dieser Textstelle zufolge kennen die von klassisch militärischen Kampfhandlungen verschont gebliebenen „Heimatfrontstädte“ keine spezifische Richtung. Das „‚Vorn‘ ist in der Stadtland- 20 Hüppaufs Textfundus stützt sich hauptsächlich auf kanonisierte Werke des bürgerlichen/akade- mischen Milieus, die mit ihren Romanen und Theaterstücken die „Stadt“ im Krieg und in der Nachkriegszeit unterschiedlich beschrieben. Die Vielfältigkeit der Texte (von Richard Aldington, Alfred Döblin, Bertold Brecht, Ernst Jünger und anderen) erkennt man bereits an der Weise, wie sie zu hierarchischen oder demokratischen Strukturen standen. Ihre Gemeinsamkeiten sind ebenso erkennbar. In Bernd Hüppaufs Monografie „Was ist Krieg? Zur Grundlegung einer Kul- turgeschichte des Kriegs“ (2013) finden sich keine Bezüge mehr auf Kurt Lewin. 21 Siehe z.  B. Healy (2007), 1; Baumeister (2007), 357.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Titel
Graz 1914
Untertitel
Der Volkskrieg auf der Straße
Autor
Bernhard Thonhofer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln- Weimar
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
510
Schlagwörter
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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