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Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
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Österreich-Ungarn in der internationalen Radiumökonomie 37 In Österreich-Ungarn, wo die Radiumproduktion auf industrieller Basis erst 1904 begann, blieb die wachsende Nachfrage der Curies nach böhmischer Pechblende nicht ohne Folgen. Denn der vermeintlich unbrauchbare Abraum hatte sich dank der aus- ländischen Nachfrage binnen kurzem in einen wertvollen Rohstoff gewandelt, über dessen künftige Verwendung neu verhandelt werden musste. Die diesbezüglichen Entscheidungen wurden in Wien getroffen, dem unbestrittenen Machtzentrum der Österreichisch-Ungarischen Monarchie.39 Hier hatte das mit der Verwaltung der böh- mischen Bergwerke befasste k. k. Ackerbauministerium seinen Sitz. Bevor das Ministe- rium eine Entscheidung treffen konnte, schaltete sich die Kaiserliche Akademie der Wissenschaften in Wien ein. Im Juni 1901 errichtete sie eine »Commission für die Untersuchung der radioactiven Substanzen«, der mehrere bekannte Naturwissenschaft- ler und Industrielle aus dem Umfeld der Akademie angehörten.40 Der Wiener Physi- ker Franz Serafin Exner übernahm den Vorsitz der Kommission. Als wirkliches Mit- glied der Akademie (seit 1896) stand er mit den Pionieren der Radioaktivitätsfor- schung Pierre Curie, Ernest Rutherford und William Ramsay in regem Briefkontakt und war über die Entwicklung des neuen Forschungsfeldes bestens informiert. Exner legte durch sein Engagement als Kommissionsvorsitzender den Grundstein für die enge Verbindung deutschsprachiger Radioaktivisten Österreich-Ungarns mit der böh- mischen Radiumindustrie, die den Möglichkeitsraum für künftige Forschungsarbeiten maßgeblich mitbestimmte. Die Kommission blieb als Einrichtung der Akademie im deutschsprachigen Raum einmalig. Doch ihre Gründung machte bereits deutlich, wie stark die Situation in der habsburgischen Haupt- und Residenzstadt Wien durch das Verfügungsmonopol über den Rohstoff zur Radiumgewinnung geprägt war.41 Anders als ihr Name vermuten lässt, engagierte sich die Kommission nicht direkt in der Radioaktivitätsforschung, die bereits an der Universität Wien begonnen hatte. Ihre Hauptaufgabe bestand vielmehr darin, die Produktion einer größeren Menge Radiums im Lande vorzubereiten. Die raison d’être wobei ein Milligramm der Substanz zwischen 200 und 300 Goldmark kostete. Von den weltweit produ- zierten sieben Gramm Mesothor wurden fünf Gramm im Deutschen Reich hergestellt. Vgl. ebd., 41. Die medizinische Behandlung mit Radium blieb bis in die 1920er Jahre wegen des enormen Preises reichen Patienten vorbehalten. Vgl. Boudia 2001, 100–101 ; Adams 1993, 497. 39 Der Bergverwaltung in St. Joachimsthal war es verboten, Uranpecherz selber zu verkaufen. Damit sollte verhindert werden, dass sich eine Konkurrenz bilden konnte, die Uranfarben herstellte. Vgl. Seidlerová/ Seidler 2010, 18. 40 Der Kommission gehörten bei ihrer Gründung vier Mitglieder an : Franz Serafin Exner, Gustav Tscher- mak, Victor von Lang und Adolf Lieben. Vgl. Almanach 1901, 46. Sie bestand formal bis 1938. An ihre Stelle trat am 28. April 1938 das Kuratorium des Instituts für Radiumforschung. Vgl. Almanach 1938, 84. 41 Vgl. Ceranski 2012, 53.
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Kerne, Kooperation und Konkurrenz Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Kerne, Kooperation und Konkurrenz
Untertitel
Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Autor
Silke Fengler
Herausgeber
Carola Sachse
Mitchell G. Ash
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-79512-4
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
380
Schlagwörter
Institute for Radium Research, nuclear research in Austria, History of science, National Socialism, The Cold War --- Radiuminstitut, Kernforschung in Österreich, Wissenschaftsgeschichte, Nationalsozialismus, Wissenschaftskooperation, Kalter Krieg
Kategorien
Naturwissenschaften Chemie
Naturwissenschaften Physik

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationalerKooperation und Konkurrenz 9
    1. 1.1 Internationalisierungsprozesse in der Radioaktivitäts- und Kernforschung : Eine Skizze 9
    2. 1.2 Begriffsklärung und Fragestellungen 10
      1. 1.2.2 Ressourcenausstattung und Ressourcenverteilung 12
      2. 1.2.3 Zentrum und Peripherie 14
    3. 1.3 Forschungsstand 16
    4. 1.4 Quellenlage 24
    5. 1.5 Aufbau der Arbeit 26
  2. 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 30
    1. 2.1 Österreich-Ungarn in der internationalen Radiumökonomie 31
    2. 2.2 Das regionale Netzwerk formiert sich 40
      1. 2.2.1 Anfänge der Radioaktivitätsforschung im Kontext des Exner-Kreises 40
      2. 2.2.2 Kooperationsformen der Mitglieder 45
      3. 2.2.3 Wissenstransfer vom Zentrum in die Peripherie 46
    3. 2.3 Das Zentrum formiert sich 49
      1. 2.3.1 Gründung des Instituts für Radiumforschung 49
      2. 2.3.2 Verbindungen zur böhmischen Radiumindustrie 54
      3. 2.3.3 Verleih radioaktiver Substanzen durch die Akademie 57
      4. 2.3.4 Bereitstellung radioaktiver Präparate 61
    4. 2.4 Das Zentrum etabliert sich 67
      1. 2.4.1 Wien als metrologisches Zentrum der Monarchie 67
      2. 2.4.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission 69
      3. 2.4.3 Das Scheitern der Nomenklaturfrage im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn 79
    5. 2.5 Die Gefährdung des Zentrums 81
      1. 2.5.1 Die Radioaktivistengemeinschaft und der Erste Weltkrieg 81
      2. 2.5.2 Österreich-Ungarn in der neuen internationalen Radiumökonomie 88
    6. 2.6 Der Radiumreichtum : ein Wiener Monopol 91
  3. 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93
    1. 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 94
    2. 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich 97
      1. 3.2.1 Der Exner-Kreis und die Physik im Nachkriegsösterreich 97
      2. 3.2.2 Der Exner-Kreis zwischen Kooperation und Konkurrenz 107
    3. 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich 109
      1. 3.3.1 Wiederaufleben des internationalen Netzwerks 109
      2. 3.3.2 Wiederaufnahme des internationalen Präparateverleihs 117
      3. 3.3.3 »Unter keinen Bedingungen verbandelt« : Kooperationen mit der Industrie 122
      4. 3.3.4 Rückkehr auf die internationale Bühne 131
    4. 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 140
      1. 3.4.1 Stipendien für Zentrum und Peripherie 140
      2. 3.4.2 Atomzertrümmerungsforschung zwischen Kooperation und Konkurrenz 147
    5. 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen 176
  4. 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 178
    1. 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
      1. 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission 179
      2. 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission 182
      3. 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik 185
      4. 4.1.4 Die Wiener Reaktionen 190
      5. 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung 193
      6. 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum 200
    2. 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss 206
      1. 4.2.1 Abzug ausländischen Kapitals 206
      2. 4.2.2 Marginalisierung im deutschsprachigen Wissenschaftskontext 218
    3. 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt 226
      1. 4.3.1 Sparmaßnahmen 226
      2. 4.3.2 Der Streit um die Physikalischen Institute 228
      3. 4.3.3 Pläne für einen Teilchenbeschleuniger in Wien 231
    4. 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung 234
  5. 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 236
    1. 5.1 Das regionale Netzwerk wird zerstört 237
      1. 5.1.1 Die Auflösung des Exner-Kreises 237
      2. 5.1.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission im ZweitenWeltkrieg 241
    2. 5.2 Auf der Suche nach neuen Organisationsformen 252
      1. 5.2.1 Die Neuordnung der Physikalischen und Chemischen Institute 252
      2. 5.2.2 Die Suche nach neuen industriell-wissenschaftlichen Netzwerken 260
    3. 5.3 An der Peripherie des neuen Netzwerks 264
      1. 5.3.1 Forschungsarbeiten im Auftrag des Militärs 265
      2. 5.3.2 Neue Pläne zum Bau eines Teilchenbeschleunigers in Wien 270
      3. 5.3.3 Der problematische Radiumnachschub 276
      4. 5.3.4 Kernforschung für den Uranverein 282
      5. 5.3.5 Geophysik im Kontext des SS-Ahnenerbes 300
    4. 5.4 Das Kriegsende 304
    5. 5.5 Den Krieg für die Wissenschaft nutzbar machen 305
  6. 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog 307
    1. 6.1 Alliierte Geheimdienste auf den Spuren der Kernforschung in Österreich 308
    2. 6.2 Die Alliierten als Arbeitgeber 312
    3. 6.3 Kernforscher aus Österreich : Keine Munition im »Arsenal des Wissens« 320
  7. 7. Schluss 322
  8. 8. Anhang 334
  9. Abkürzungsverzeichnis 334
  10. Verzeichnis der benutzten Archivbestände 336
  11. Literaturverzeichnis 340
  12. Personenregister 369
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