Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Naturwissenschaften
Chemie
Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Seite - 110 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 110 - in Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)

Bild der Seite - 110 -

Bild der Seite - 110 - in Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)

Text der Seite - 110 -

Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932110 Die neutralen Länder, vor allem die Niederlande und Schweden, protestierten ver- geblich gegen diese Ächtung des Deutschen Reiches und Österreichs sowie gegen die Stimmrechtsregelung, die den Neutralen de facto eine Mitsprache verweigerte. Sie traten dem IRC aber trotzdem fast ausnahmslos bei.75 Auf Drängen der französi- schen Vertreter wurden Deutsche und Österreicher auch von der 1921 gegründeten Commission de Coopération Intellectuelle, einem vom Völkerbund unabhängigen Organ zur Koordinierung internationaler Wissenschaftsbeziehungen, ausgeschlos- sen.76 Der fachliche Austausch über nationalstaatliche Grenzen hinweg wurde durch den Boykott deutschsprachiger Fachzeitschriften, allen voran der Referateorgane, und der deutschen Sprache als Verkehrssprache auf internationalen Kongressen zusätzlich er- schwert.77 Vor allem in Frankreich nahm man deutschsprachige Publikationen vorerst kaum zur Kenntnis.78 Vertreter der deutschen und österreichischen Wissenschaftsge- meinschaft wurden auch selten zu internationalen Konferenzen eingeladen. 1925 fand dementsprechend etwa die Hälfte aller Fachkongresse der Physik ohne deutsche Betei- ligung statt.79 Deutsche und österreichische Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftler reagierten auf den Boykott unterschiedlich. Auf deutscher Seite ging man daran, sich in nationalen Wissenschaftsorganisationen zu formieren.80 Diese folgten in ihrer Ziel- richtung in der Regel dem internationalen Beispiel beziehungsweise dienten als natio- nale Spielart internationaler Institutionen, die oft schon lange vor 1914 gegründet worden waren. Die neu gegründeten deutschen gingen zu den internationalen Wissen- schaftsorganisationen demonstrativ auf Distanz. Diese seien von deutschfeindlich ge- das Deutsche Reich erst 1931 beitrat. Unter ihrem Dach war die Commission on Atoms organisiert. Vgl. Greenaway 1996, 50–51. 75 Vgl. Ernst 1992, 157. Die Nachfolgerin des IRC wurde als International Council of Scientific Unions (ICSU) 1931 in Brüssel gegründet. 76 Der im Frühjahr 1919 gegründete Völkerbund war zuvor mit seinem Versuch am Widerstand der USA gescheitert, alle, auch die wissenschaftlichen internationalen Institutionen unter einem Dach zusammen- zufassen. Die US-amerikanische Regierung wollte Wissenschaft und Politik trennen und lehnte den Völ- kerbund als Machtinstrument der europäischen Alliierten ab, obwohl er auf die Initiative von Präsident Woodrow Wilson zurückging. Vgl. Ernst 1992, 157. 77 Dazu zählte in der Physik beispielsweise das »Jahrbuch für Radioaktivität und Elektronik« (mit Über- blicksartikeln). Seit 1920 brachte der Vieweg Verlag Braunschweig in Kooperation mit der DPG die »Physikalischen Berichte« heraus. Sie wurden zunächst vollständig aus Mitteln der Industrie finanziert, später übernahm die Notgemeinschaft einen Großteil der anfallenden Kosten. Vgl. Fischer 2007, 381. 78 Vgl. CAC, MTNR 5/12/3, Bl. 60 : Meyer an Meitner vom 6.6.1921 ; AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 16, Fiche 254 : Meyer an Lind vom 16.12.1923. 79 Zum Solvay-Kongress 1927 reiste erstmals eine größere deutsche Delegation an. Vgl. Metzler 2002, 297. 80 Den Auftakt dazu machte die Naturforschertagung 1920 in Bad Nauheim. Vgl. Forman 2007, 33.
zurück zum  Buch Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)"
Kerne, Kooperation und Konkurrenz Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Kerne, Kooperation und Konkurrenz
Untertitel
Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Autor
Silke Fengler
Herausgeber
Carola Sachse
Mitchell G. Ash
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-79512-4
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
380
Schlagwörter
Institute for Radium Research, nuclear research in Austria, History of science, National Socialism, The Cold War --- Radiuminstitut, Kernforschung in Österreich, Wissenschaftsgeschichte, Nationalsozialismus, Wissenschaftskooperation, Kalter Krieg
Kategorien
Naturwissenschaften Chemie
Naturwissenschaften Physik

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationalerKooperation und Konkurrenz 9
    1. 1.1 Internationalisierungsprozesse in der Radioaktivitäts- und Kernforschung : Eine Skizze 9
    2. 1.2 Begriffsklärung und Fragestellungen 10
      1. 1.2.2 Ressourcenausstattung und Ressourcenverteilung 12
      2. 1.2.3 Zentrum und Peripherie 14
    3. 1.3 Forschungsstand 16
    4. 1.4 Quellenlage 24
    5. 1.5 Aufbau der Arbeit 26
  2. 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 30
    1. 2.1 Österreich-Ungarn in der internationalen Radiumökonomie 31
    2. 2.2 Das regionale Netzwerk formiert sich 40
      1. 2.2.1 Anfänge der Radioaktivitätsforschung im Kontext des Exner-Kreises 40
      2. 2.2.2 Kooperationsformen der Mitglieder 45
      3. 2.2.3 Wissenstransfer vom Zentrum in die Peripherie 46
    3. 2.3 Das Zentrum formiert sich 49
      1. 2.3.1 Gründung des Instituts für Radiumforschung 49
      2. 2.3.2 Verbindungen zur böhmischen Radiumindustrie 54
      3. 2.3.3 Verleih radioaktiver Substanzen durch die Akademie 57
      4. 2.3.4 Bereitstellung radioaktiver Präparate 61
    4. 2.4 Das Zentrum etabliert sich 67
      1. 2.4.1 Wien als metrologisches Zentrum der Monarchie 67
      2. 2.4.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission 69
      3. 2.4.3 Das Scheitern der Nomenklaturfrage im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn 79
    5. 2.5 Die Gefährdung des Zentrums 81
      1. 2.5.1 Die Radioaktivistengemeinschaft und der Erste Weltkrieg 81
      2. 2.5.2 Österreich-Ungarn in der neuen internationalen Radiumökonomie 88
    6. 2.6 Der Radiumreichtum : ein Wiener Monopol 91
  3. 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93
    1. 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 94
    2. 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich 97
      1. 3.2.1 Der Exner-Kreis und die Physik im Nachkriegsösterreich 97
      2. 3.2.2 Der Exner-Kreis zwischen Kooperation und Konkurrenz 107
    3. 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich 109
      1. 3.3.1 Wiederaufleben des internationalen Netzwerks 109
      2. 3.3.2 Wiederaufnahme des internationalen Präparateverleihs 117
      3. 3.3.3 »Unter keinen Bedingungen verbandelt« : Kooperationen mit der Industrie 122
      4. 3.3.4 Rückkehr auf die internationale Bühne 131
    4. 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 140
      1. 3.4.1 Stipendien für Zentrum und Peripherie 140
      2. 3.4.2 Atomzertrümmerungsforschung zwischen Kooperation und Konkurrenz 147
    5. 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen 176
  4. 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 178
    1. 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
      1. 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission 179
      2. 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission 182
      3. 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik 185
      4. 4.1.4 Die Wiener Reaktionen 190
      5. 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung 193
      6. 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum 200
    2. 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss 206
      1. 4.2.1 Abzug ausländischen Kapitals 206
      2. 4.2.2 Marginalisierung im deutschsprachigen Wissenschaftskontext 218
    3. 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt 226
      1. 4.3.1 Sparmaßnahmen 226
      2. 4.3.2 Der Streit um die Physikalischen Institute 228
      3. 4.3.3 Pläne für einen Teilchenbeschleuniger in Wien 231
    4. 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung 234
  5. 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 236
    1. 5.1 Das regionale Netzwerk wird zerstört 237
      1. 5.1.1 Die Auflösung des Exner-Kreises 237
      2. 5.1.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission im ZweitenWeltkrieg 241
    2. 5.2 Auf der Suche nach neuen Organisationsformen 252
      1. 5.2.1 Die Neuordnung der Physikalischen und Chemischen Institute 252
      2. 5.2.2 Die Suche nach neuen industriell-wissenschaftlichen Netzwerken 260
    3. 5.3 An der Peripherie des neuen Netzwerks 264
      1. 5.3.1 Forschungsarbeiten im Auftrag des Militärs 265
      2. 5.3.2 Neue Pläne zum Bau eines Teilchenbeschleunigers in Wien 270
      3. 5.3.3 Der problematische Radiumnachschub 276
      4. 5.3.4 Kernforschung für den Uranverein 282
      5. 5.3.5 Geophysik im Kontext des SS-Ahnenerbes 300
    4. 5.4 Das Kriegsende 304
    5. 5.5 Den Krieg für die Wissenschaft nutzbar machen 305
  6. 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog 307
    1. 6.1 Alliierte Geheimdienste auf den Spuren der Kernforschung in Österreich 308
    2. 6.2 Die Alliierten als Arbeitgeber 312
    3. 6.3 Kernforscher aus Österreich : Keine Munition im »Arsenal des Wissens« 320
  7. 7. Schluss 322
  8. 8. Anhang 334
  9. Abkürzungsverzeichnis 334
  10. Verzeichnis der benutzten Archivbestände 336
  11. Literaturverzeichnis 340
  12. Personenregister 369
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Kerne, Kooperation und Konkurrenz