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Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
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Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932128 »Betreffs des Blei habe ich Ihnen schon […] ausführlich geschrieben. Das enthaltene Blei ist das reinste bisher bekannte RaG […]. Es ist natürlich wissenschaftlich von grösstem Inter- esse und hat auch finanziell entsprechenden Seltenheitswert. Ausserdem kann es zur Poloni- umgewinnung verwertet werden. […] Die […] erwähnten Silikatrückstände enthalten das ganze Protactinium und sind daher nicht etwa wegzuwerfen. […] Die seltenen Erden sind leider bei den amerikanischen Produktionen, soviel ich weiss nicht beachtet worden. Sie haben, wie Ihnen bereits Dr. Ulrich schrieb, grosses wissenschaftliches Interesse, abgesehen davon dass Ionium, Actinium etc., auch finanzielles Interesse für Sie haben könnte. Wenn Ihre Fabrikation also so weit ist, dass sie nicht nur auf die finanzielle Seite sehen muss, son- dern auch bereits sich minder lukrativen wissenschaftlichen Problemen zuwenden kann, so möchte ich die rationelle Abscheidung der seltenen Erden anregen. […] Dr. Ulrich würde Ihnen übrigens auch in dieser Hinsicht gerne zu Diensten sein.«165 Er rannte mit seinem Anliegen offene Türen ein. Denn bereits eine Woche bevor sich Meyer mit dem hier zitierten Brief an die Brüsseler Unternehmensleitung wandte, empfahl Leemans dem Direktor der Société Générale Métallurgique de Hoboken (SGMH), Edgar Sengier, das Institut für Radiumforschung in die belgische Polonium- produktion einzubinden.166 In Wien und St. Joachimsthal hatte man in den letzten Kriegstagen begonnen, die radioaktiven Rückrückstände aufzubereiten, die im Keller des Instituts lagerten. Im Zuge der Verarbeitung entwickelten Meyer und Ulrich ein Herstellungsverfahren zur Poloniumgewinnung, das als äußerst einfach galt und sich von allen bekannten Verfahren am besten für die industrielle Anwendung eignete. Leemans schlug Sengier daher vor, dass Ulrich das Verfahren für das belgische Radio- blei adaptieren sollte. Zugleich empfahl er, das Polonium vorerst nicht an Dritte wei- terzugeben, um Probleme zu vermeiden.167 Das Institut für Radiumforschung war nicht das einzige Forschungsinstitut außer- halb Belgiens, mit dem die Union Minière zusammenarbeitete. Das Unternehmen stand auch in Kontakt mit dem Institut du Radium von Marie Curie in Paris und den 165 AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 15, Fiche 249 : Meyer an Leemans vom 9.10.1923. 166 Die SGMH ging 1919 aus der 1908 gegründeten Compagnie Industrielle Union hervor, nachdem diese die Usine de Désargentation in Hoboken, eines der größten europäischen Metallverarbeitungsunter- nehmen jener Zeit, übernommen hatte. Die SGMH verfügte über eine eigene Fabrikationsanlage zur Metallverarbeitung in Olen. Sie transferierte das in Glas eingeschmolzene Radium an die Union Mini- ère (die Firmenleitung und eigentliche Besitzerin des Radiums) in Brüssel, wo es für medizinische und andere Zwecke weiter konfektioniert wurde. Den Vertrieb übernahm die Vertriebsabteilung der Union Minière, die als Radium Belge firmierte. Das Unternehmen legte besonderes Gewicht auf die Vermark- tung von Radium für medizinische Zwecke, dessen Einsatz in den 1920er Jahren dank sinkender Preise auch für die breite Masse verfügbar wurde. Vgl. Adams 1993, 495, 497. 167 AR-AGR, UM, 259/1078 : Leemans an Sengier vom 2.10.1923.
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Kerne, Kooperation und Konkurrenz Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Kerne, Kooperation und Konkurrenz
Untertitel
Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Autor
Silke Fengler
Herausgeber
Carola Sachse
Mitchell G. Ash
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-79512-4
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
380
Schlagwörter
Institute for Radium Research, nuclear research in Austria, History of science, National Socialism, The Cold War --- Radiuminstitut, Kernforschung in Österreich, Wissenschaftsgeschichte, Nationalsozialismus, Wissenschaftskooperation, Kalter Krieg
Kategorien
Naturwissenschaften Chemie
Naturwissenschaften Physik

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationalerKooperation und Konkurrenz 9
    1. 1.1 Internationalisierungsprozesse in der Radioaktivitäts- und Kernforschung : Eine Skizze 9
    2. 1.2 Begriffsklärung und Fragestellungen 10
      1. 1.2.2 Ressourcenausstattung und Ressourcenverteilung 12
      2. 1.2.3 Zentrum und Peripherie 14
    3. 1.3 Forschungsstand 16
    4. 1.4 Quellenlage 24
    5. 1.5 Aufbau der Arbeit 26
  2. 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 30
    1. 2.1 Österreich-Ungarn in der internationalen Radiumökonomie 31
    2. 2.2 Das regionale Netzwerk formiert sich 40
      1. 2.2.1 Anfänge der Radioaktivitätsforschung im Kontext des Exner-Kreises 40
      2. 2.2.2 Kooperationsformen der Mitglieder 45
      3. 2.2.3 Wissenstransfer vom Zentrum in die Peripherie 46
    3. 2.3 Das Zentrum formiert sich 49
      1. 2.3.1 Gründung des Instituts für Radiumforschung 49
      2. 2.3.2 Verbindungen zur böhmischen Radiumindustrie 54
      3. 2.3.3 Verleih radioaktiver Substanzen durch die Akademie 57
      4. 2.3.4 Bereitstellung radioaktiver Präparate 61
    4. 2.4 Das Zentrum etabliert sich 67
      1. 2.4.1 Wien als metrologisches Zentrum der Monarchie 67
      2. 2.4.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission 69
      3. 2.4.3 Das Scheitern der Nomenklaturfrage im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn 79
    5. 2.5 Die Gefährdung des Zentrums 81
      1. 2.5.1 Die Radioaktivistengemeinschaft und der Erste Weltkrieg 81
      2. 2.5.2 Österreich-Ungarn in der neuen internationalen Radiumökonomie 88
    6. 2.6 Der Radiumreichtum : ein Wiener Monopol 91
  3. 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93
    1. 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 94
    2. 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich 97
      1. 3.2.1 Der Exner-Kreis und die Physik im Nachkriegsösterreich 97
      2. 3.2.2 Der Exner-Kreis zwischen Kooperation und Konkurrenz 107
    3. 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich 109
      1. 3.3.1 Wiederaufleben des internationalen Netzwerks 109
      2. 3.3.2 Wiederaufnahme des internationalen Präparateverleihs 117
      3. 3.3.3 »Unter keinen Bedingungen verbandelt« : Kooperationen mit der Industrie 122
      4. 3.3.4 Rückkehr auf die internationale Bühne 131
    4. 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 140
      1. 3.4.1 Stipendien für Zentrum und Peripherie 140
      2. 3.4.2 Atomzertrümmerungsforschung zwischen Kooperation und Konkurrenz 147
    5. 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen 176
  4. 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 178
    1. 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
      1. 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission 179
      2. 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission 182
      3. 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik 185
      4. 4.1.4 Die Wiener Reaktionen 190
      5. 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung 193
      6. 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum 200
    2. 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss 206
      1. 4.2.1 Abzug ausländischen Kapitals 206
      2. 4.2.2 Marginalisierung im deutschsprachigen Wissenschaftskontext 218
    3. 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt 226
      1. 4.3.1 Sparmaßnahmen 226
      2. 4.3.2 Der Streit um die Physikalischen Institute 228
      3. 4.3.3 Pläne für einen Teilchenbeschleuniger in Wien 231
    4. 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung 234
  5. 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 236
    1. 5.1 Das regionale Netzwerk wird zerstört 237
      1. 5.1.1 Die Auflösung des Exner-Kreises 237
      2. 5.1.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission im ZweitenWeltkrieg 241
    2. 5.2 Auf der Suche nach neuen Organisationsformen 252
      1. 5.2.1 Die Neuordnung der Physikalischen und Chemischen Institute 252
      2. 5.2.2 Die Suche nach neuen industriell-wissenschaftlichen Netzwerken 260
    3. 5.3 An der Peripherie des neuen Netzwerks 264
      1. 5.3.1 Forschungsarbeiten im Auftrag des Militärs 265
      2. 5.3.2 Neue Pläne zum Bau eines Teilchenbeschleunigers in Wien 270
      3. 5.3.3 Der problematische Radiumnachschub 276
      4. 5.3.4 Kernforschung für den Uranverein 282
      5. 5.3.5 Geophysik im Kontext des SS-Ahnenerbes 300
    4. 5.4 Das Kriegsende 304
    5. 5.5 Den Krieg für die Wissenschaft nutzbar machen 305
  6. 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog 307
    1. 6.1 Alliierte Geheimdienste auf den Spuren der Kernforschung in Österreich 308
    2. 6.2 Die Alliierten als Arbeitgeber 312
    3. 6.3 Kernforscher aus Österreich : Keine Munition im »Arsenal des Wissens« 320
  7. 7. Schluss 322
  8. 8. Anhang 334
  9. Abkürzungsverzeichnis 334
  10. Verzeichnis der benutzten Archivbestände 336
  11. Literaturverzeichnis 340
  12. Personenregister 369
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