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Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 159
Auch Victor Hess, der seit 1931 Professor für Experimentalphysik an der Universi-
tät Innsbruck war, erhielt in den frühen 1930er Jahren beträchtliche Summen aus
New York. Er richtete in den Räumen des Physikalischen Instituts an der Universität
Innsbruck ein zweites Institut ein, wo er seine in Graz begonnenen Studien zur kos-
mischen Höhenstrahlung fortsetzte. Die Rockefeller Foundation stellte 1932 einen
Kredit in Höhe von 5.600 US-Dollar für die weitere Ausstattung des Institut für
Strahlenforschung, den Ausbau und Betrieb der Forschungsstation für Ultrastrahlen-
forschung auf dem bei Innsbruck gelegenen Hafelekar und die Bezahlung einer Hilfs-
kraft für die Auswertung der Messergebnisse zur Verfügung. 1934 gewährte die Stif-
tung dem Innsbrucker Institut weitere 1.000 US-Dollar.326 Das Geld diente der
Förderung von Hess’ Forschungen zur kosmischen Höhenstrahlung, insbesondere der
Untersuchung des Effekts von Gewittern sowie der Atomumwandlung durch kosmi-
sche Strahlung.327
Die Forschungsstation auf dem Hafelekar war bereits im Sommer 1931 mit
Unterstützung der Wiener Akademie, der Preußischen Akademie der Wissenschaf-
ten in Berlin, der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG als Nachfolgeorgani-
sation der Notgemeinschaft) beziehungsweise deren Tochterorganisation ÖDW,
des Sonnblickvereins Wien sowie des Bundesministeriums für Unterricht errichtet
worden.328 Bis 1932 beteiligten sich die Wiener Akademie, der Sonnblickverein
und die ÖDW ebenso am Unterhalt des laufenden Institutsbetriebs wie das Minis-
terium. 1933 bezog das Institut für Strahlenforschung zudem Gelder von der Uni-
versität Innsbruck. Im Gegensatz zum Institut seines Innsbrucker Kollegen Fried-
rich von Lerch, unter dessen »Vorstandschaft in der Zeit bis zum Beginn des
Zweiten Weltkriegs keine besonderen Veränderungen auf[traten]«, florierte das
neue Forschungsinstitut seit seiner Gründung.329 Zwischen 1931 und 1934 ent-
standen 34 wissenschaftliche Publikationen und 13 Dissertationen, von denen
neun veröffentlicht wurden. Hess’ eigene Vortragstätigkeit blieb wohl auch aus fi-
nanziellen Gründen auf die Schweiz und Österreich beschränkt.330 Er kooperierte
326 Vgl. RAC, RF, RG 1.1, Series 705D, Box 3, Folder 20 : Jones an Rektor der Universität Innsbruck vom
23.1.1934.
327 Vgl. RAC, RF, RG 1.1, Series 705D, Box 3, Folder 20 : Research Aid Grant to Professor Victor F. Hess
vom 5.1.1933. Der Antrag von Hess wurde nicht nur von Seiten der Wiener Akademie sowie Meyer
und Schweidler unterstützt, sondern auch von Rutherford.
328 Vgl. RAC, RF, RG 1.1, Series 705D, Box 3, Folder 20 : Aid to Professor Victor F. Hess, Details of Infor-
mation vom 5.1.1933.
329 RAC, RF, RG 1.1, Series 705D, Box 3, Folder 20 : Memorandum of Professor L.W. Jones’ visit to Inns-
bruck vom 14.9.1932. Vgl. auch Huter/Machek/Oberkofler/Steinmaurer 1971, 93.
330 Vgl. ÖStA, AVA, Ministerium für Kultus und Unterricht 1848–1940, F 110/5G : Hess an Bundesminis-
terium für Unterricht vom 30.12.1935.
Kerne, Kooperation und Konkurrenz
Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
- Titel
- Kerne, Kooperation und Konkurrenz
- Untertitel
- Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
- Autor
- Silke Fengler
- Herausgeber
- Carola Sachse
- Mitchell G. Ash
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-79512-4
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Institute for Radium Research, nuclear research in Austria, History of science, National Socialism, The Cold War --- Radiuminstitut, Kernforschung in Österreich, Wissenschaftsgeschichte, Nationalsozialismus, Wissenschaftskooperation, Kalter Krieg
- Kategorien
- Naturwissenschaften Chemie
- Naturwissenschaften Physik
Inhaltsverzeichnis
- 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationalerKooperation und Konkurrenz 9
- 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 30
- 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93
- 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 94
- 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich 97
- 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich 109
- 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 140
- 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen 176
- 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 178
- 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
- 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission 179
- 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission 182
- 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik 185
- 4.1.4 Die Wiener Reaktionen 190
- 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung 193
- 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum 200
- 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss 206
- 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt 226
- 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung 234
- 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
- 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 236
- 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog 307
- 7. Schluss 322
- 8. Anhang 334
- Abkürzungsverzeichnis 334
- Verzeichnis der benutzten Archivbestände 336
- Literaturverzeichnis 340
- Personenregister 369