Seite - 196 - in Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
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Kernforschung in Österreich,
1932–1938196
onen, der Neutronenemission schwerer Elemente, der Messung von Geschwindigkei-
ten, der Absorption und Streuung von Neutronen sowie mit Atomzertrümmerungen
mit Neutronen unter Zuhilfenahme verschiedener Messmethoden, deren Ergebnisse
miteinander verglichen wurden.86 Von der Untersuchung der physikalischen Qualität
des neuen Teilchens erhoffte sich die Wiener Gruppe Erkenntnisse, die ihre umstrit-
tenen Messergebnisse aus den späten 1920er Jahren in ein neues Licht rücken wür-
den.87
Kirsch konzentrierte sich auf zwei Schwerpunkte in der Neutronenforschung : Zum
einen erstellte er Anregungskurven auf der Grundlage von Neutronenemissionen aus
Beryllium und Boron, die in einer Wilsonkammer registriert wurden. Ähnliche Expe-
rimente erfolgten unter Zuhilfenahme elektronischer Zählgeräte. Zum anderen unter-
suchte er die Atomzertrümmerung von Kohlenstoff, Molybdän und Gold durch
Neutronen, die mit Szintillationszählern gemessen wurden.88
Bis in den Sommer 1934 setzte die Gruppe ihre Arbeit in den drei Hauptrichtungen
der kernphysikalischen Forschung fort : der Untersuchung von Neutronenemissionen
unter Einwirkung von α-Bestrahlung, der Erforschung geladener atomarer Fragmente
ähnlicher Herkunft durch verschiedene in Wien konstruierte Messgeräte sowie dem
spektroskopischen Nachweis der Produkte natürlicher und künstlich induzierter
Atomzertrümmerungsprozesse.89 Doch die Wiener Ergebnisse wurden nicht überall
wahrgenommen. So berichtete Marietta Blau aus dem Göttinger Kolloquium von
Robert Pohl an Meyer,
»dass man bis dahin gar nicht gewußt hätte, was die Wiener auf diesem Gebiet [der Atom-
zertrümmerung und Neutronenforschung, S. F.] geleistet haben. Soeben komme ich von
einem kurzen Vortrag im großen Kolloquium, wo ich auf Wunsch von Prof Pohl über die
photogr[afischen]. Fragen bei H Aufnahmen sprechen mußte. Ich habe aber bei dieser Gele-
genheit auch die neue Arbeit von Kirsch u Rieder über Neutronen gebracht, die auch bis
dahin unbekannt war.«90
86 Vgl. AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 11, Fiche 169 : Meyer an Scheel, undatiert [Februar 1933].
87 Vgl. RAC, RF, RG 1.1, Series 705D, Box 3, Folder 25 : Pettersson an Jones vom 16.6.1933. Siehe auch
Slonek 1933.
88 Vgl. RAC, RF, RG 1.1, Series 705D, Box 3, Folder 25 : Investigations by G. Kirsch and collaborators vom
25.4.1933.
89 Vgl. RAC, RF, RG 1.1, Series 705D, Box 3, Folder 25 : Pettersson an Rockefeller Foundation vom
16.5.1934.
90 AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 11, Fiche 175 : Blau an Meyer vom 12.12.1932. Siehe auch Kirsch/
Rieder 1932a ; Kirsch/Rieder 1932b ; Deseyve/Kirsch/Rieder 1932.
Kerne, Kooperation und Konkurrenz
Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
- Titel
- Kerne, Kooperation und Konkurrenz
- Untertitel
- Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
- Autor
- Silke Fengler
- Herausgeber
- Carola Sachse
- Mitchell G. Ash
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-79512-4
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Institute for Radium Research, nuclear research in Austria, History of science, National Socialism, The Cold War --- Radiuminstitut, Kernforschung in Österreich, Wissenschaftsgeschichte, Nationalsozialismus, Wissenschaftskooperation, Kalter Krieg
- Kategorien
- Naturwissenschaften Chemie
- Naturwissenschaften Physik
Inhaltsverzeichnis
- 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationalerKooperation und Konkurrenz 9
- 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 30
- 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93
- 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 94
- 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich 97
- 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich 109
- 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 140
- 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen 176
- 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 178
- 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
- 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission 179
- 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission 182
- 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik 185
- 4.1.4 Die Wiener Reaktionen 190
- 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung 193
- 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum 200
- 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss 206
- 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt 226
- 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung 234
- 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
- 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 236
- 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog 307
- 7. Schluss 322
- 8. Anhang 334
- Abkürzungsverzeichnis 334
- Verzeichnis der benutzten Archivbestände 336
- Literaturverzeichnis 340
- Personenregister 369