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Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
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Das Zentrum behauptet sich 199 das viele interessierte Kernphysiker und -physikerinnen anzog, musste das Institut für Radiumforschung einen materiellen Mehrwert bieten, um Besucher aus dem Ausland anzulocken.102 Die strategische Verteilungspolitik bewog manchen ausländischen Wis- senschaftler, der zuvor an einem anderen renommierten Laboratorium gearbeitet hatte, seine Arbeit in Wien fortzusetzen. Darunter war der Assistent am Physikalischen Ins- titut der Universität Debrecen, Sándor Szalay, der zuvor am Cavendish Laboratory tätig gewesen war. Auch der japanische Physiker Ryôkichi Sagane, der ein Jahr an Lawrences Zyklotron in Berkeley gearbeitet hatte und zu den führenden Köpfen der Forschungsgruppe um Yoshio Nishina im Forschungszentrum Riken zählte, war im Frühjahr 1937 Gast des Instituts.103 Nicht nur im Verhältnis mit anderen kernphysikalisch arbeitenden Laboratorien im In- und Ausland nahm die Konkurrenz um radioaktive Präparate in den 1930er Jahren zu. Es kam auch innerhalb der Wiener Gruppe zu Rivalitäten. Das Beispiel Marietta Blaus zeigt, dass diejenigen Mitglieder der Gruppe im Zweifel den Kürzeren zogen, deren berufliche Situation ohnehin prekär war : Blau, die wie die meisten ihrer Kollegen und Kolleginnen kein festes Arbeitsverhältnis mit dem Institut für Radium- forschung hatte, war gezwungen, auch außerhalb des Wiener Wissenschaftsbetriebes nach Kooperationspartnern zu suchen. Ihre Zusammenarbeit mit der IG Farbenin- dustrie wurde am Institut für Radiumforschung allerdings nicht belohnt ; die Zu- gangsmöglichkeiten zu radioaktiven Präparaten für die Forschung blieben begrenzt. Blau und ihre Mitarbeiterin Hertha Wambacher wandten sich daher, ähnlich wie Louis de Broglie in Paris, der Höhenstrahlungsforschung zu, um weiter wissenschaft- lich mit der fotografischen Methode arbeiten zu können. Höhenstrahlungsexperi- mente erforderten zwar in vieler Hinsicht die gleiche instrumentelle Ausstattung wie die Neutronenforschung, nicht aber starke radioaktive Präparate.104 Um Protonen und andere schwere Teilchen nachzuweisen, mussten die Platten vielmehr längere Zeit in großen Höhen, etwa bei Ballonaufstiegen oder im Gebirge, kosmischer Strahlung ausgesetzt werden. 102 Eine Aufzählung der wichtigsten Besucher des Cavendish Laboratory findet sich bei Oliphant 1972, 54–56. 103 Vgl. AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 19, Fiche 315 : Szalay an Meyer vom 22.12.1936 ; ebd., K 18, Fiche 297 : Sagane an Meyer vom 24.4.1937. Siehe zu Saganes beruflichem Werdegang Low 2006, 280–282. Nishinas Laboratorium war erst 1931 gegründet worden und widmete sich vier relativ neuen Forschungsfeldern : der Quantentheorie, der kosmischen Höhenstrahlung, der Kernphysik und den bio- logischen Wirkungen der Radioaktivität. Vgl. Kim 1995, 388. 104 Vgl. Hughes 1997, 338.
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Kerne, Kooperation und Konkurrenz Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Kerne, Kooperation und Konkurrenz
Untertitel
Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Autor
Silke Fengler
Herausgeber
Carola Sachse
Mitchell G. Ash
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-79512-4
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
380
Schlagwörter
Institute for Radium Research, nuclear research in Austria, History of science, National Socialism, The Cold War --- Radiuminstitut, Kernforschung in Österreich, Wissenschaftsgeschichte, Nationalsozialismus, Wissenschaftskooperation, Kalter Krieg
Kategorien
Naturwissenschaften Chemie
Naturwissenschaften Physik

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationalerKooperation und Konkurrenz 9
    1. 1.1 Internationalisierungsprozesse in der Radioaktivitäts- und Kernforschung : Eine Skizze 9
    2. 1.2 Begriffsklärung und Fragestellungen 10
      1. 1.2.2 Ressourcenausstattung und Ressourcenverteilung 12
      2. 1.2.3 Zentrum und Peripherie 14
    3. 1.3 Forschungsstand 16
    4. 1.4 Quellenlage 24
    5. 1.5 Aufbau der Arbeit 26
  2. 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 30
    1. 2.1 Österreich-Ungarn in der internationalen Radiumökonomie 31
    2. 2.2 Das regionale Netzwerk formiert sich 40
      1. 2.2.1 Anfänge der Radioaktivitätsforschung im Kontext des Exner-Kreises 40
      2. 2.2.2 Kooperationsformen der Mitglieder 45
      3. 2.2.3 Wissenstransfer vom Zentrum in die Peripherie 46
    3. 2.3 Das Zentrum formiert sich 49
      1. 2.3.1 Gründung des Instituts für Radiumforschung 49
      2. 2.3.2 Verbindungen zur böhmischen Radiumindustrie 54
      3. 2.3.3 Verleih radioaktiver Substanzen durch die Akademie 57
      4. 2.3.4 Bereitstellung radioaktiver Präparate 61
    4. 2.4 Das Zentrum etabliert sich 67
      1. 2.4.1 Wien als metrologisches Zentrum der Monarchie 67
      2. 2.4.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission 69
      3. 2.4.3 Das Scheitern der Nomenklaturfrage im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn 79
    5. 2.5 Die Gefährdung des Zentrums 81
      1. 2.5.1 Die Radioaktivistengemeinschaft und der Erste Weltkrieg 81
      2. 2.5.2 Österreich-Ungarn in der neuen internationalen Radiumökonomie 88
    6. 2.6 Der Radiumreichtum : ein Wiener Monopol 91
  3. 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93
    1. 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 94
    2. 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich 97
      1. 3.2.1 Der Exner-Kreis und die Physik im Nachkriegsösterreich 97
      2. 3.2.2 Der Exner-Kreis zwischen Kooperation und Konkurrenz 107
    3. 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich 109
      1. 3.3.1 Wiederaufleben des internationalen Netzwerks 109
      2. 3.3.2 Wiederaufnahme des internationalen Präparateverleihs 117
      3. 3.3.3 »Unter keinen Bedingungen verbandelt« : Kooperationen mit der Industrie 122
      4. 3.3.4 Rückkehr auf die internationale Bühne 131
    4. 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 140
      1. 3.4.1 Stipendien für Zentrum und Peripherie 140
      2. 3.4.2 Atomzertrümmerungsforschung zwischen Kooperation und Konkurrenz 147
    5. 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen 176
  4. 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 178
    1. 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
      1. 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission 179
      2. 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission 182
      3. 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik 185
      4. 4.1.4 Die Wiener Reaktionen 190
      5. 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung 193
      6. 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum 200
    2. 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss 206
      1. 4.2.1 Abzug ausländischen Kapitals 206
      2. 4.2.2 Marginalisierung im deutschsprachigen Wissenschaftskontext 218
    3. 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt 226
      1. 4.3.1 Sparmaßnahmen 226
      2. 4.3.2 Der Streit um die Physikalischen Institute 228
      3. 4.3.3 Pläne für einen Teilchenbeschleuniger in Wien 231
    4. 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung 234
  5. 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 236
    1. 5.1 Das regionale Netzwerk wird zerstört 237
      1. 5.1.1 Die Auflösung des Exner-Kreises 237
      2. 5.1.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission im ZweitenWeltkrieg 241
    2. 5.2 Auf der Suche nach neuen Organisationsformen 252
      1. 5.2.1 Die Neuordnung der Physikalischen und Chemischen Institute 252
      2. 5.2.2 Die Suche nach neuen industriell-wissenschaftlichen Netzwerken 260
    3. 5.3 An der Peripherie des neuen Netzwerks 264
      1. 5.3.1 Forschungsarbeiten im Auftrag des Militärs 265
      2. 5.3.2 Neue Pläne zum Bau eines Teilchenbeschleunigers in Wien 270
      3. 5.3.3 Der problematische Radiumnachschub 276
      4. 5.3.4 Kernforschung für den Uranverein 282
      5. 5.3.5 Geophysik im Kontext des SS-Ahnenerbes 300
    4. 5.4 Das Kriegsende 304
    5. 5.5 Den Krieg für die Wissenschaft nutzbar machen 305
  6. 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog 307
    1. 6.1 Alliierte Geheimdienste auf den Spuren der Kernforschung in Österreich 308
    2. 6.2 Die Alliierten als Arbeitgeber 312
    3. 6.3 Kernforscher aus Österreich : Keine Munition im »Arsenal des Wissens« 320
  7. 7. Schluss 322
  8. 8. Anhang 334
  9. Abkürzungsverzeichnis 334
  10. Verzeichnis der benutzten Archivbestände 336
  11. Literaturverzeichnis 340
  12. Personenregister 369
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