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Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
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Das regionale Netzwerk wird zerstört 247 Weiss zu bestätigen.53 Die übrigen Kommissionsmitglieder beteiligten sich nicht an den laufenden Diskussionen, was kaum verwundert. Briten und Amerikaner arbeiteten mit Hochdruck an ihren jeweiligen Projekten zum Bau einer Atombombe und unter- lagen einer strikten Geheimhaltungspflicht, die sich auf alle damit zusammenhängen- den Tatbestände erstreckte.54 Joseph Kipfer, der Leiter des Industrielabors der Union Minière in Brüssel, nutzte die Gelegenheit, um sein Unternehmen in die Diskussion der Radiumstandards einzu- bringen. Er schlug vor, die Situation dadurch aufzuklären, dass man eine unabhängige Messapparatur entwickelte. Deren Anordnung solle von den in Berlin und Paris gän- gigen Messanordnungen abweichen, aber trotzdem hochpräzise Ergebnisse liefern. Die Voraussetzungen, einen solchen Apparat herzustellen und einzusetzen, seien im Indus- trielabor der Union Minière besonders günstig, argumentierte er. In der Tat befanden sich dort sechs sekundäre Standards, die für Vergleichsmessungen herangezogen wer- den konnten.55 Joliot und Weiss stimmten zu, dass die bisher bei der PTR vorge- nommenen Messungen zuerst in Paris und später in Brüssel wiederholt werden sollten. Man einigte sich darauf, dass die Union Minière den Bau eines geeigneten Messinstru- ments auf eigene Kosten übernehmen und die Messungen nach einer von den Joliot- Curies vorgeschlagenen, neuen Methode erfolgen sollten.56 Das belgische Unternehmen hatte noch ein anderes Ass im Ärmel. Karl Przibram, der als Emigrant in Brüssel lebte, war als Assistent am Institut für Radiumforschung über Jahrzehnte in alle Angelegenheiten der Radiumstandardisierung involviert und konnte die Union Minière kompetent beraten.57 Nach fast zwanzig Jahren, in denen die Industriephysiker der Union Minière als Zaungäste auf dem Feld der Radiumstan- dardisierung gewirkt hatten, war das Unternehmen nun kurz davor, als Produzent verlässlicher Radiumstandards anerkannt zu werden und das Institut für Radiumfor- schung in Wien de facto zu ersetzen.58 In Verhandlungen mit den Vertretern der PTR verständigten sich die Joliot-Curies mit den Unterhändlern der Union Minière darauf, die neuen Pariser und Wiener Primärstandards langfristig zu ersetzen. Die endgültige Entscheidung darüber sollte nach dem Ende des Krieges durch die Interna- tionale Radiumstandard-Kommission getroffen werden.59 53 AR-AGR, UM, 259/1075 : Kipfer an Lecointe vom 28.8.1942. 54 Vgl. AR-AGR, UM, 259/1075 : National Physical Laboratory an Przibram vom 18.12.1945. 55 Vgl. AR-AGR, UM, 259/1075 : Kipfer an Stappen vom 28.8.1942. 56 Vgl. AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 31, Fiche 428 : Weiss an Ortner vom 16.6.1943. 57 Vgl. AR-AGR, UM, 259/1075 : Lecointe an Przibram vom 6.7.1942. 58 Vgl. AR-AGR, UM, 259/1077 : Joliot an Kipfer vom 16.8.1943. 59 Vgl. MC, Fonds commun Joliot-Curie, JC 3 : Comparaisons entre les divers etalons, Fiche 8 : Institut du Radium Paris, Remarques sur le rapport de C. F. Weiss sur les étalons de radium, undatiert [1943].
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Kerne, Kooperation und Konkurrenz Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Kerne, Kooperation und Konkurrenz
Untertitel
Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Autor
Silke Fengler
Herausgeber
Carola Sachse
Mitchell G. Ash
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-79512-4
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
380
Schlagwörter
Institute for Radium Research, nuclear research in Austria, History of science, National Socialism, The Cold War --- Radiuminstitut, Kernforschung in Österreich, Wissenschaftsgeschichte, Nationalsozialismus, Wissenschaftskooperation, Kalter Krieg
Kategorien
Naturwissenschaften Chemie
Naturwissenschaften Physik

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationalerKooperation und Konkurrenz 9
    1. 1.1 Internationalisierungsprozesse in der Radioaktivitäts- und Kernforschung : Eine Skizze 9
    2. 1.2 Begriffsklärung und Fragestellungen 10
      1. 1.2.2 Ressourcenausstattung und Ressourcenverteilung 12
      2. 1.2.3 Zentrum und Peripherie 14
    3. 1.3 Forschungsstand 16
    4. 1.4 Quellenlage 24
    5. 1.5 Aufbau der Arbeit 26
  2. 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 30
    1. 2.1 Österreich-Ungarn in der internationalen Radiumökonomie 31
    2. 2.2 Das regionale Netzwerk formiert sich 40
      1. 2.2.1 Anfänge der Radioaktivitätsforschung im Kontext des Exner-Kreises 40
      2. 2.2.2 Kooperationsformen der Mitglieder 45
      3. 2.2.3 Wissenstransfer vom Zentrum in die Peripherie 46
    3. 2.3 Das Zentrum formiert sich 49
      1. 2.3.1 Gründung des Instituts für Radiumforschung 49
      2. 2.3.2 Verbindungen zur böhmischen Radiumindustrie 54
      3. 2.3.3 Verleih radioaktiver Substanzen durch die Akademie 57
      4. 2.3.4 Bereitstellung radioaktiver Präparate 61
    4. 2.4 Das Zentrum etabliert sich 67
      1. 2.4.1 Wien als metrologisches Zentrum der Monarchie 67
      2. 2.4.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission 69
      3. 2.4.3 Das Scheitern der Nomenklaturfrage im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn 79
    5. 2.5 Die Gefährdung des Zentrums 81
      1. 2.5.1 Die Radioaktivistengemeinschaft und der Erste Weltkrieg 81
      2. 2.5.2 Österreich-Ungarn in der neuen internationalen Radiumökonomie 88
    6. 2.6 Der Radiumreichtum : ein Wiener Monopol 91
  3. 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93
    1. 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 94
    2. 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich 97
      1. 3.2.1 Der Exner-Kreis und die Physik im Nachkriegsösterreich 97
      2. 3.2.2 Der Exner-Kreis zwischen Kooperation und Konkurrenz 107
    3. 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich 109
      1. 3.3.1 Wiederaufleben des internationalen Netzwerks 109
      2. 3.3.2 Wiederaufnahme des internationalen Präparateverleihs 117
      3. 3.3.3 »Unter keinen Bedingungen verbandelt« : Kooperationen mit der Industrie 122
      4. 3.3.4 Rückkehr auf die internationale Bühne 131
    4. 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 140
      1. 3.4.1 Stipendien für Zentrum und Peripherie 140
      2. 3.4.2 Atomzertrümmerungsforschung zwischen Kooperation und Konkurrenz 147
    5. 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen 176
  4. 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 178
    1. 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
      1. 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission 179
      2. 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission 182
      3. 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik 185
      4. 4.1.4 Die Wiener Reaktionen 190
      5. 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung 193
      6. 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum 200
    2. 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss 206
      1. 4.2.1 Abzug ausländischen Kapitals 206
      2. 4.2.2 Marginalisierung im deutschsprachigen Wissenschaftskontext 218
    3. 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt 226
      1. 4.3.1 Sparmaßnahmen 226
      2. 4.3.2 Der Streit um die Physikalischen Institute 228
      3. 4.3.3 Pläne für einen Teilchenbeschleuniger in Wien 231
    4. 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung 234
  5. 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 236
    1. 5.1 Das regionale Netzwerk wird zerstört 237
      1. 5.1.1 Die Auflösung des Exner-Kreises 237
      2. 5.1.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission im ZweitenWeltkrieg 241
    2. 5.2 Auf der Suche nach neuen Organisationsformen 252
      1. 5.2.1 Die Neuordnung der Physikalischen und Chemischen Institute 252
      2. 5.2.2 Die Suche nach neuen industriell-wissenschaftlichen Netzwerken 260
    3. 5.3 An der Peripherie des neuen Netzwerks 264
      1. 5.3.1 Forschungsarbeiten im Auftrag des Militärs 265
      2. 5.3.2 Neue Pläne zum Bau eines Teilchenbeschleunigers in Wien 270
      3. 5.3.3 Der problematische Radiumnachschub 276
      4. 5.3.4 Kernforschung für den Uranverein 282
      5. 5.3.5 Geophysik im Kontext des SS-Ahnenerbes 300
    4. 5.4 Das Kriegsende 304
    5. 5.5 Den Krieg für die Wissenschaft nutzbar machen 305
  6. 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog 307
    1. 6.1 Alliierte Geheimdienste auf den Spuren der Kernforschung in Österreich 308
    2. 6.2 Die Alliierten als Arbeitgeber 312
    3. 6.3 Kernforscher aus Österreich : Keine Munition im »Arsenal des Wissens« 320
  7. 7. Schluss 322
  8. 8. Anhang 334
  9. Abkürzungsverzeichnis 334
  10. Verzeichnis der benutzten Archivbestände 336
  11. Literaturverzeichnis 340
  12. Personenregister 369
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