Seite - 284 - in Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
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Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«,
1938–1945284
zwei Jahren, bezw. vor einem Jahr, mit einer diesbezüglichen Bitte an Sie wandten. Nach
einigen leider negativen Vorversuchen, die ich auf Ihren Wunsch mit handelsüblichen Agfa-
Platten machte […], hörte ich lange nichts mehr darüber, und erfuhr erst aus den Publika-
tionen von Schopper, dass Sie die Sache nicht, wie ich annehmen mußte, aus Zeitmangel
aufgegeben haben. Professor Mattauch hatte leider auch kein Glück mit den Plattenproben
für die Massenspektroskopie. Sie waren tatsächlich einigermaßen skizzenhaft ausgeführt,
und wir meinten damals, dass wir Ihre Zeit wohl nicht für derartige spezielle Wünsche in
Anspruch nehmen dürfen. […] Die Ilford-Platten sind ja wirklich sehr gut und die Firma ist
sehr entgegenkommend und fair in der Zusammenarbeit. Doch würde ich mich selbstver-
ständlich sehr freuen, mit Ihrer Hilfe Agfa-Emulsionen für die Arbeiten bekommen zu
können. Ich hätte auch einige dringende Wünsche bezüglich Platten für verschiedene kern-
physikalische Zwecke, möchte aber natürlich Dr. Schopper nicht gerne bei seinen Plänen in
die Quere kommen. Vielleicht ließe sich eine Vereinbarung treffen, wonach die photographi-
sche Seite der Angelegenheit in einer Ihnen erwünschten Weise veröffentlicht werden könnte,
während ich die kernphysikalischen und Höhenstrahlarbeiten mit den Platten allerdings
gerne selbst machen und publizieren möchte.«252
Die Schopper’schen Ergebnisse, bedauerte Wambacher, ließen sich trotz vergleichbarer
Versuchsaufbauten in Wien nicht reproduzieren.253 Da die Filmfabrik auf die Rück-
meldungen der wissenschaftlichen Kundschaft angewiesen war, um die Platten zu
verbessern, drang Forschungsdirektor Eggert darauf, ihm sämtliche mit Agfa-Platten
erzielten Ergebnisse mitzuteilen.254 Tatsächlich informierte Wambacher Eggert in der
Folgezeit regelmäßiger als bisher über die Wiener Arbeit mit verschiedenen Emulsions-
typen, die er zu Testzwecken nach Wien geschickt hatte.255
Ähnlich wie im britischen Kernforschungsprojekt gewann die fotografische Me-
thode auch im Rahmen des deutschen Uranvereins an Bedeutung. Schon seit 1939
gingen immer mehr Bestellungen von empfindlichen K-Platten bei der Filmfabrik ein,
252 AMPG, I. Abt., Rep. 34 KWI für Physik, Moskauer Akten, Nr. 2 : Wambacher an Eggert vom
29.7.1939. Siehe auch die kritische Publikation Wambachers 1939. Siehe zur Reaktion Eggerts AMPG,
I. Abt., Rep. 34 KWI für Physik, Moskauer Akten, Nr. 2 : Eggert an Wambacher vom 28.6.1939.
253 Vgl. AMPG, I. Abt., Rep. 34 KWI für Physik, Moskauer Akten, Nr. 2 : Wambacher an Eggert vom
20.10.1939.
254 Vgl. AMPG, I. Abt., Rep. 34 KWI für Physik, Moskauer Akten, Nr. 2 : Eggert an Wambacher vom
4.8.1939.
255 Vgl. AMPG, I. Abt., Rep. 34 KWI für Physik, Moskauer Akten, Nr. 2 : Eggert an Wambacher vom
28.10.1940, 13. und 14.2.1941 ; ebd., Wambacher an Eggert vom 15.5.1940, 14.6.1940, 13.7.1940,
24.7.1940, 6.11.1940, 21.11.1940, 3.7.1941 und 20.6.1942. Der letzte Brief Wambachers an Eggert
datiert vom 24. Mai 1944.
Kerne, Kooperation und Konkurrenz
Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
- Titel
- Kerne, Kooperation und Konkurrenz
- Untertitel
- Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
- Autor
- Silke Fengler
- Herausgeber
- Carola Sachse
- Mitchell G. Ash
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-79512-4
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Institute for Radium Research, nuclear research in Austria, History of science, National Socialism, The Cold War --- Radiuminstitut, Kernforschung in Österreich, Wissenschaftsgeschichte, Nationalsozialismus, Wissenschaftskooperation, Kalter Krieg
- Kategorien
- Naturwissenschaften Chemie
- Naturwissenschaften Physik
Inhaltsverzeichnis
- 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationalerKooperation und Konkurrenz 9
- 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 30
- 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93
- 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 94
- 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich 97
- 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich 109
- 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 140
- 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen 176
- 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 178
- 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
- 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission 179
- 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission 182
- 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik 185
- 4.1.4 Die Wiener Reaktionen 190
- 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung 193
- 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum 200
- 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss 206
- 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt 226
- 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung 234
- 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
- 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 236
- 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog 307
- 7. Schluss 322
- 8. Anhang 334
- Abkürzungsverzeichnis 334
- Verzeichnis der benutzten Archivbestände 336
- Literaturverzeichnis 340
- Personenregister 369