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Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
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Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945296 der Urankernspaltung dargelegt. Sie wurden zur Grundlage der Forschungsaktivitäten im Uranverein. Heisenberg überwachte die in Berlin unter Leitung Karl Wirtz’ und in Leipzig unter Aufsicht Robert Döpels laufenden Reaktorexperimente, deren Ergeb- nisse im Hinblick auf Zerfallskonstanten und die Wirksamkeit unterschiedlicher Re- aktordesigns am KWI für Physik in Berlin ausgewertet wurden. Dabei verteidigte Heisenberg eifersüchtig seine Kontroll- und Gestaltungshoheit. So verhinderte er bei- spielsweise, dass Walther Bothe in Heidelberg und Paul Harteck in Hamburg eigene Reaktormodell-Experimente aufnahmen.317 Lediglich Kurt Diebner, der nach Heisen- bergs Berufung als Geschäftsführer des KWI für Physik entlassen worden war, führte mit einer Gruppe von Nachwuchswissenschaftlern an der Heeresversuchsstelle in Gottow bis kurz vor Kriegsende eigene Reaktorexperimente durch. Diese Versuche verliefen deutlich erfolgreicher, als lange Zeit von der wissenschaftshistorischen For- schung vermutet wurde.318 Diebner konnte auf wichtige Kontakte zurückgreifen, um an die im Kriegsverlauf immer knapper werdenden Materialien für die Versuchsauf- bauten heranzukommen. Abraham Esau, bis 1943 Leiter der Fachsparte Physik im RFR, beschaffte ihm beispielsweise Schweres Wasser aus den Beständen des KWI für Physik. Auch Esaus Nachfolger, Walther Gerlach, unterstützte die Gottower Versuche nach Kräften. Der letzte Reaktorversuch in Gottow basierte auf einer kugelsymmetri- schen Anordnung von Uranwürfeln. Anders als in der Ausweichstelle des KWI für Physik im württembergischen Haigerloch gelang es zwar, eine Kettenreaktion herbei- zuführen, der Reaktorversuch endete aber vermutlich mit einem Unfall.319 Weder Gerlachs Unterlagen noch die wissenschaftshistorische Literatur geben einen Hinweis darauf, dass außer in Haigerloch und Gottow auch andernorts noch (Groß-) Versuche zum Bau eines Kernreaktors unternommen wurden. Durch Quellen ist beleg- bar, dass Willibald Jentschke und Karl Kaindl in kleinem Maßstab Vorversuche unter- nahmen, in denen sie Resonanzabsorptionen bei sehr tiefen Temperaturen und ge- wöhnlichem Wasser als Moderator untersuchten.320 Die Versuche bauten auf theore- tischen Überlegungen der Physiker Paul Harteck und Johannes Jensen von der Univer- sität Hamburg auf. Sie waren Vorarbeiten zu einem Tieftemperaturversuch mit Uran- metallwürfeln in Wasser, der in der Ausweichstelle der Gruppe um Kurt Diebner in Stadtilm geplant wurde. Er kam aber nicht über die Vorbereitungsphase hinaus.321 317 Vgl. Walker 2005, 10–12. 318 Vgl. Walker 2005, 29–39. Siehe dagegen Rechenberg 1996, 254. 319 Vgl. Walker 2005, 30–33. 320 Vgl. Karlsch 2012, 148. 321 Vgl. OOFR, Mappe Österreich, Bl. 273–290 : Friedrich Berkei, Bericht über die Arbeiten, die in Deutschland über die Gewinnung der Atomkernenergien durchgeführt wurden (deutsch, russisch) vom 12.9.1945.
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Kerne, Kooperation und Konkurrenz Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Kerne, Kooperation und Konkurrenz
Untertitel
Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Autor
Silke Fengler
Herausgeber
Carola Sachse
Mitchell G. Ash
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-79512-4
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
380
Schlagwörter
Institute for Radium Research, nuclear research in Austria, History of science, National Socialism, The Cold War --- Radiuminstitut, Kernforschung in Österreich, Wissenschaftsgeschichte, Nationalsozialismus, Wissenschaftskooperation, Kalter Krieg
Kategorien
Naturwissenschaften Chemie
Naturwissenschaften Physik

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationalerKooperation und Konkurrenz 9
    1. 1.1 Internationalisierungsprozesse in der Radioaktivitäts- und Kernforschung : Eine Skizze 9
    2. 1.2 Begriffsklärung und Fragestellungen 10
      1. 1.2.2 Ressourcenausstattung und Ressourcenverteilung 12
      2. 1.2.3 Zentrum und Peripherie 14
    3. 1.3 Forschungsstand 16
    4. 1.4 Quellenlage 24
    5. 1.5 Aufbau der Arbeit 26
  2. 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 30
    1. 2.1 Österreich-Ungarn in der internationalen Radiumökonomie 31
    2. 2.2 Das regionale Netzwerk formiert sich 40
      1. 2.2.1 Anfänge der Radioaktivitätsforschung im Kontext des Exner-Kreises 40
      2. 2.2.2 Kooperationsformen der Mitglieder 45
      3. 2.2.3 Wissenstransfer vom Zentrum in die Peripherie 46
    3. 2.3 Das Zentrum formiert sich 49
      1. 2.3.1 Gründung des Instituts für Radiumforschung 49
      2. 2.3.2 Verbindungen zur böhmischen Radiumindustrie 54
      3. 2.3.3 Verleih radioaktiver Substanzen durch die Akademie 57
      4. 2.3.4 Bereitstellung radioaktiver Präparate 61
    4. 2.4 Das Zentrum etabliert sich 67
      1. 2.4.1 Wien als metrologisches Zentrum der Monarchie 67
      2. 2.4.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission 69
      3. 2.4.3 Das Scheitern der Nomenklaturfrage im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn 79
    5. 2.5 Die Gefährdung des Zentrums 81
      1. 2.5.1 Die Radioaktivistengemeinschaft und der Erste Weltkrieg 81
      2. 2.5.2 Österreich-Ungarn in der neuen internationalen Radiumökonomie 88
    6. 2.6 Der Radiumreichtum : ein Wiener Monopol 91
  3. 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93
    1. 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 94
    2. 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich 97
      1. 3.2.1 Der Exner-Kreis und die Physik im Nachkriegsösterreich 97
      2. 3.2.2 Der Exner-Kreis zwischen Kooperation und Konkurrenz 107
    3. 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich 109
      1. 3.3.1 Wiederaufleben des internationalen Netzwerks 109
      2. 3.3.2 Wiederaufnahme des internationalen Präparateverleihs 117
      3. 3.3.3 »Unter keinen Bedingungen verbandelt« : Kooperationen mit der Industrie 122
      4. 3.3.4 Rückkehr auf die internationale Bühne 131
    4. 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 140
      1. 3.4.1 Stipendien für Zentrum und Peripherie 140
      2. 3.4.2 Atomzertrümmerungsforschung zwischen Kooperation und Konkurrenz 147
    5. 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen 176
  4. 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 178
    1. 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
      1. 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission 179
      2. 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission 182
      3. 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik 185
      4. 4.1.4 Die Wiener Reaktionen 190
      5. 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung 193
      6. 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum 200
    2. 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss 206
      1. 4.2.1 Abzug ausländischen Kapitals 206
      2. 4.2.2 Marginalisierung im deutschsprachigen Wissenschaftskontext 218
    3. 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt 226
      1. 4.3.1 Sparmaßnahmen 226
      2. 4.3.2 Der Streit um die Physikalischen Institute 228
      3. 4.3.3 Pläne für einen Teilchenbeschleuniger in Wien 231
    4. 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung 234
  5. 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 236
    1. 5.1 Das regionale Netzwerk wird zerstört 237
      1. 5.1.1 Die Auflösung des Exner-Kreises 237
      2. 5.1.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission im ZweitenWeltkrieg 241
    2. 5.2 Auf der Suche nach neuen Organisationsformen 252
      1. 5.2.1 Die Neuordnung der Physikalischen und Chemischen Institute 252
      2. 5.2.2 Die Suche nach neuen industriell-wissenschaftlichen Netzwerken 260
    3. 5.3 An der Peripherie des neuen Netzwerks 264
      1. 5.3.1 Forschungsarbeiten im Auftrag des Militärs 265
      2. 5.3.2 Neue Pläne zum Bau eines Teilchenbeschleunigers in Wien 270
      3. 5.3.3 Der problematische Radiumnachschub 276
      4. 5.3.4 Kernforschung für den Uranverein 282
      5. 5.3.5 Geophysik im Kontext des SS-Ahnenerbes 300
    4. 5.4 Das Kriegsende 304
    5. 5.5 Den Krieg für die Wissenschaft nutzbar machen 305
  6. 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog 307
    1. 6.1 Alliierte Geheimdienste auf den Spuren der Kernforschung in Österreich 308
    2. 6.2 Die Alliierten als Arbeitgeber 312
    3. 6.3 Kernforscher aus Österreich : Keine Munition im »Arsenal des Wissens« 320
  7. 7. Schluss 322
  8. 8. Anhang 334
  9. Abkürzungsverzeichnis 334
  10. Verzeichnis der benutzten Archivbestände 336
  11. Literaturverzeichnis 340
  12. Personenregister 369
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