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Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
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Alliierte Geheimdienste auf den Spuren der Kernforschung in Österreich 311 Während sowjetische, US-amerikanische und britische Geheimdienste das besetzte Österreich nach Überbleibseln des Uranvereins durchkämmten, formierte sich der Geheimdienst der vierten Siegermacht Frankreich erst 1946 neu.20 Unmittelbar nach Kriegsende, im Frühsommer 1945, hatte eine Abordnung der Direction Générale des Études et Recherches (DGER) in der westdeutschen Besatzungszone damit begonnen, Unterlagen des Uranvereins zu begutachten.21 Bald darauf übernahm das CNRS, die wichtigste zivile Forschungsorganisation des Landes, die Federführung : Etwa um den Jahreswechsel 1945/46 entsandte das CNRS auch eine Aufklärungseinheit nach Öster- reich.22 Das Comité executif de la mission scientifique Autriche, das später unter dem Namen Section d’information scientifique/French FIAT/Sous-section CNRS ak- tiv wurde, spürte eine Reihe von (Kern-)forschern und -forscherinnen in Österreich auf, über die man weitere Informationen zum Ablauf des deutschen Kernforschungs- projekts zu bekommen hoffte. Der in Innsbruck lehrende Hans Thirring war einer ihrer ersten Ansprechpartner.23 Die Dossiers des Komitees landeten auf dem Schreibtisch Frédéric Joliots, der das CNRS von 1944 bis 1946 leitete. Joliot war seit 1947 als Hochkommissar für Atom- energie im neu gegründeten CEA damit befasst, das französische Atomenergiepro- gramm auf die Schiene zu setzen. In diesem Zusammenhang bemühte er sich intensiv, den Kontakt zu Kollegen und Kolleginnen in den kleineren westeuropäischen Ländern Skandinaviens, der Schweiz und der Benelux-Staaten wiederherzustellen. Mit verein- ten Kräften sollte der während des Krieges erlittene Rückstand in der kernphysikali- schen Forschung aufgeholt werden.24 Kolleginnen und Kollegen aus Österreich spielten in seiner Korrespondenz als potenzielle Kooperationspartner keine Rolle. Ge- org Stetter hatte sich wegen seiner offen zur Schau getragenen nationalsozialistischen Haltung in den Augen Joliots moralisch diskreditiert. Obwohl die französische Mili- tärverwaltung in Österreich Stetter als den »besten Spezialisten für Atomphysik in Österreich, und einen der besten Deutschlands« bezeichnete, war Joliot ausdrücklich 20 Der Dienst für Auswärtige Dokumentationen und Gegenspionage, Service de Documentation Extéri- eure et de Contre-Espionage (SDECE), ein Zusammenschluss mehrerer geheimdienstlicher Formationen während des Zweiten Weltkriegs, nahm 1946 seine Arbeit wieder auf. 21 Vgl. MC, FFJ, F 91, AA 916 : Mission du 16 mai au 29 juin 1945 effectuée dans la zone de la I Armée, undatiert. Die DGER war dem Bureau central de renseignements et d’action unterstellt, einer Spio- nageabwehrorganisation der französischen Exilregierung in Großbritannien unter Führung Charles de Gaulles. 22 Vgl. Guthleben 2009, 99–104 ; Defrance 2001 ; Ludmann-Obier 1986. 23 Vgl. MC, FFJ, F 91, AA 185 : Chef de la Mission Scientifique Autriche : Objectif T : Professeur Thirring, undatiert ; und ebd. F 91, AA 421 : Note relative à certains ingénieurs allemands ayant participé aux étu- des et à la fabrication des armes nouvelles vom 18.3.1946. 24 Vgl. MC, FFJ, F 156, Fiche 53 : Joliot an Siegbahn vom 13.3.1946.
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Kerne, Kooperation und Konkurrenz Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Kerne, Kooperation und Konkurrenz
Untertitel
Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Autor
Silke Fengler
Herausgeber
Carola Sachse
Mitchell G. Ash
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-79512-4
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
380
Schlagwörter
Institute for Radium Research, nuclear research in Austria, History of science, National Socialism, The Cold War --- Radiuminstitut, Kernforschung in Österreich, Wissenschaftsgeschichte, Nationalsozialismus, Wissenschaftskooperation, Kalter Krieg
Kategorien
Naturwissenschaften Chemie
Naturwissenschaften Physik

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationalerKooperation und Konkurrenz 9
    1. 1.1 Internationalisierungsprozesse in der Radioaktivitäts- und Kernforschung : Eine Skizze 9
    2. 1.2 Begriffsklärung und Fragestellungen 10
      1. 1.2.2 Ressourcenausstattung und Ressourcenverteilung 12
      2. 1.2.3 Zentrum und Peripherie 14
    3. 1.3 Forschungsstand 16
    4. 1.4 Quellenlage 24
    5. 1.5 Aufbau der Arbeit 26
  2. 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 30
    1. 2.1 Österreich-Ungarn in der internationalen Radiumökonomie 31
    2. 2.2 Das regionale Netzwerk formiert sich 40
      1. 2.2.1 Anfänge der Radioaktivitätsforschung im Kontext des Exner-Kreises 40
      2. 2.2.2 Kooperationsformen der Mitglieder 45
      3. 2.2.3 Wissenstransfer vom Zentrum in die Peripherie 46
    3. 2.3 Das Zentrum formiert sich 49
      1. 2.3.1 Gründung des Instituts für Radiumforschung 49
      2. 2.3.2 Verbindungen zur böhmischen Radiumindustrie 54
      3. 2.3.3 Verleih radioaktiver Substanzen durch die Akademie 57
      4. 2.3.4 Bereitstellung radioaktiver Präparate 61
    4. 2.4 Das Zentrum etabliert sich 67
      1. 2.4.1 Wien als metrologisches Zentrum der Monarchie 67
      2. 2.4.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission 69
      3. 2.4.3 Das Scheitern der Nomenklaturfrage im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn 79
    5. 2.5 Die Gefährdung des Zentrums 81
      1. 2.5.1 Die Radioaktivistengemeinschaft und der Erste Weltkrieg 81
      2. 2.5.2 Österreich-Ungarn in der neuen internationalen Radiumökonomie 88
    6. 2.6 Der Radiumreichtum : ein Wiener Monopol 91
  3. 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93
    1. 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 94
    2. 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich 97
      1. 3.2.1 Der Exner-Kreis und die Physik im Nachkriegsösterreich 97
      2. 3.2.2 Der Exner-Kreis zwischen Kooperation und Konkurrenz 107
    3. 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich 109
      1. 3.3.1 Wiederaufleben des internationalen Netzwerks 109
      2. 3.3.2 Wiederaufnahme des internationalen Präparateverleihs 117
      3. 3.3.3 »Unter keinen Bedingungen verbandelt« : Kooperationen mit der Industrie 122
      4. 3.3.4 Rückkehr auf die internationale Bühne 131
    4. 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 140
      1. 3.4.1 Stipendien für Zentrum und Peripherie 140
      2. 3.4.2 Atomzertrümmerungsforschung zwischen Kooperation und Konkurrenz 147
    5. 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen 176
  4. 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 178
    1. 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
      1. 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission 179
      2. 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission 182
      3. 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik 185
      4. 4.1.4 Die Wiener Reaktionen 190
      5. 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung 193
      6. 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum 200
    2. 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss 206
      1. 4.2.1 Abzug ausländischen Kapitals 206
      2. 4.2.2 Marginalisierung im deutschsprachigen Wissenschaftskontext 218
    3. 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt 226
      1. 4.3.1 Sparmaßnahmen 226
      2. 4.3.2 Der Streit um die Physikalischen Institute 228
      3. 4.3.3 Pläne für einen Teilchenbeschleuniger in Wien 231
    4. 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung 234
  5. 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 236
    1. 5.1 Das regionale Netzwerk wird zerstört 237
      1. 5.1.1 Die Auflösung des Exner-Kreises 237
      2. 5.1.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission im ZweitenWeltkrieg 241
    2. 5.2 Auf der Suche nach neuen Organisationsformen 252
      1. 5.2.1 Die Neuordnung der Physikalischen und Chemischen Institute 252
      2. 5.2.2 Die Suche nach neuen industriell-wissenschaftlichen Netzwerken 260
    3. 5.3 An der Peripherie des neuen Netzwerks 264
      1. 5.3.1 Forschungsarbeiten im Auftrag des Militärs 265
      2. 5.3.2 Neue Pläne zum Bau eines Teilchenbeschleunigers in Wien 270
      3. 5.3.3 Der problematische Radiumnachschub 276
      4. 5.3.4 Kernforschung für den Uranverein 282
      5. 5.3.5 Geophysik im Kontext des SS-Ahnenerbes 300
    4. 5.4 Das Kriegsende 304
    5. 5.5 Den Krieg für die Wissenschaft nutzbar machen 305
  6. 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog 307
    1. 6.1 Alliierte Geheimdienste auf den Spuren der Kernforschung in Österreich 308
    2. 6.2 Die Alliierten als Arbeitgeber 312
    3. 6.3 Kernforscher aus Österreich : Keine Munition im »Arsenal des Wissens« 320
  7. 7. Schluss 322
  8. 8. Anhang 334
  9. Abkürzungsverzeichnis 334
  10. Verzeichnis der benutzten Archivbestände 336
  11. Literaturverzeichnis 340
  12. Personenregister 369
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