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Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
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Kernforschung für die Alliierten  – ein Epilog314 mium der Befehlshaber der US-Streitkräfte ins Leben gerufene Project Overcast war auf der Suche nach bis zu 350 »chosen, rare minds«, deren kernphysikalisches und anderweitiges Spezialwissen den USA zugute kommen sollte. Die USA befanden sich zu diesem Zeitpunkt noch im Krieg gegen Japan, und das Programm sollte helfen, den Krieg abzukürzen. Nachdem Japan im August 1945 kapituliert hatte, wurde das Pro- gramm den Plänen des US-Kriegsministeriums angepasst, das den militärischen Vor- sprung der USA vor künftigen Kriegsgegnern mittels neuer Waffensysteme ausbauen wollte. Dies sollte mit Unterstützung ausländischer Fachkräfte geschehen.37 Das Project Paperclip, das bis zu 1.000 deutschen und österreichischen Wissen- schaftlern und Wissenschaftlerinnen sowie ihren Familien die Einreise in die USA er- laubte, wurde im September 1946 von Präsident Truman genehmigt. Nicht nur in Deutschland, auch in Österreich suchten Unterhändler der JCS hochqualifiziertes wissenschaftliches Personal, das in die US-amerikanische Militärforschung integriert werden könnte. Die meisten der in Salzburg und andernorts befragten Kernphysike- rinnen und Kernphysiker gehörten nach Einschätzung der Amerikaner allerdings zur Riege dritt- und viertklassiger Wissenschaftler und kamen daher für den Aufbau des US-amerikanischen »arsenal of knowledge« kaum in Betracht.38 Auf Befehl des Alsos- Agenten Charles P. Smyth, der die Region Salzburg dreimal aufsuchte, stand die Gruppe um Stetter trotzdem unter konstanter und strikter Beobachtung der US- amerikanischen Besatzungstruppen. Vorerst gab man ihnen aber weder Auflagen noch Direktiven, ob und wie die kernphysikalische Forschung fortzusetzen sei.39 Der Zugriff auf das wissenschaftliche Potenzial der Verliererstaaten des Zweiten Weltkriegs folgte der Logik des Kalten Krieges : Es ging nicht allein darum, die fähigs- ten Köpfe für die US-amerikanische Militär- und Zivilforschung zu rekrutieren. Ex- perten aus den besiegten Staaten sollten zugleich daran gehindert werden, in den Dienst anderer Länder, speziell der Sowjetunion, de facto auch Frankreichs zu tre- ten.40 Das »denial program«, das darauf abzielte, deutsche und österreichische Fach- kräfte dem Zugriff des Feindes zu entziehen, lief parallel zu den Projekten Overcast beziehungsweise Paperclip, und es galt in erster Linie für solche Experten, die als we- niger bedeutsam für die US-amerikanische Rüstungsforschung eingestuft wurden. Wie mit diesen Personen umzugehen sei, war zunächst unklar. Die US-Besatzungsbehörden ten vom 18.8.1945. 37 Krige 2010, 284. 38 Vgl. NARA, RG 77, Box 174, Entry 22 : Shuler an Groves vom 27.11.1945 ; ebd., T. M. Odarenko, Pro- blem of Displaced Scientists now residing in the American Zone of Austria vom 26.10.1945. 39 Vgl. NARA, RG 77, Box 174, Entry 22 : Skinner an Shuler vom 18.12.1945. 40 Vgl. NARA, RG 77, Box 171, Entry 22 : Status of nuclear energy situation in Germany vom 10.9.1946. Siehe zur Deutung dieser Strategie Krige 2010, 287.
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Kerne, Kooperation und Konkurrenz Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Kerne, Kooperation und Konkurrenz
Untertitel
Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Autor
Silke Fengler
Herausgeber
Carola Sachse
Mitchell G. Ash
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-79512-4
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
380
Schlagwörter
Institute for Radium Research, nuclear research in Austria, History of science, National Socialism, The Cold War --- Radiuminstitut, Kernforschung in Österreich, Wissenschaftsgeschichte, Nationalsozialismus, Wissenschaftskooperation, Kalter Krieg
Kategorien
Naturwissenschaften Chemie
Naturwissenschaften Physik

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationalerKooperation und Konkurrenz 9
    1. 1.1 Internationalisierungsprozesse in der Radioaktivitäts- und Kernforschung : Eine Skizze 9
    2. 1.2 Begriffsklärung und Fragestellungen 10
      1. 1.2.2 Ressourcenausstattung und Ressourcenverteilung 12
      2. 1.2.3 Zentrum und Peripherie 14
    3. 1.3 Forschungsstand 16
    4. 1.4 Quellenlage 24
    5. 1.5 Aufbau der Arbeit 26
  2. 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 30
    1. 2.1 Österreich-Ungarn in der internationalen Radiumökonomie 31
    2. 2.2 Das regionale Netzwerk formiert sich 40
      1. 2.2.1 Anfänge der Radioaktivitätsforschung im Kontext des Exner-Kreises 40
      2. 2.2.2 Kooperationsformen der Mitglieder 45
      3. 2.2.3 Wissenstransfer vom Zentrum in die Peripherie 46
    3. 2.3 Das Zentrum formiert sich 49
      1. 2.3.1 Gründung des Instituts für Radiumforschung 49
      2. 2.3.2 Verbindungen zur böhmischen Radiumindustrie 54
      3. 2.3.3 Verleih radioaktiver Substanzen durch die Akademie 57
      4. 2.3.4 Bereitstellung radioaktiver Präparate 61
    4. 2.4 Das Zentrum etabliert sich 67
      1. 2.4.1 Wien als metrologisches Zentrum der Monarchie 67
      2. 2.4.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission 69
      3. 2.4.3 Das Scheitern der Nomenklaturfrage im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn 79
    5. 2.5 Die Gefährdung des Zentrums 81
      1. 2.5.1 Die Radioaktivistengemeinschaft und der Erste Weltkrieg 81
      2. 2.5.2 Österreich-Ungarn in der neuen internationalen Radiumökonomie 88
    6. 2.6 Der Radiumreichtum : ein Wiener Monopol 91
  3. 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93
    1. 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 94
    2. 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich 97
      1. 3.2.1 Der Exner-Kreis und die Physik im Nachkriegsösterreich 97
      2. 3.2.2 Der Exner-Kreis zwischen Kooperation und Konkurrenz 107
    3. 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich 109
      1. 3.3.1 Wiederaufleben des internationalen Netzwerks 109
      2. 3.3.2 Wiederaufnahme des internationalen Präparateverleihs 117
      3. 3.3.3 »Unter keinen Bedingungen verbandelt« : Kooperationen mit der Industrie 122
      4. 3.3.4 Rückkehr auf die internationale Bühne 131
    4. 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 140
      1. 3.4.1 Stipendien für Zentrum und Peripherie 140
      2. 3.4.2 Atomzertrümmerungsforschung zwischen Kooperation und Konkurrenz 147
    5. 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen 176
  4. 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 178
    1. 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
      1. 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission 179
      2. 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission 182
      3. 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik 185
      4. 4.1.4 Die Wiener Reaktionen 190
      5. 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung 193
      6. 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum 200
    2. 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss 206
      1. 4.2.1 Abzug ausländischen Kapitals 206
      2. 4.2.2 Marginalisierung im deutschsprachigen Wissenschaftskontext 218
    3. 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt 226
      1. 4.3.1 Sparmaßnahmen 226
      2. 4.3.2 Der Streit um die Physikalischen Institute 228
      3. 4.3.3 Pläne für einen Teilchenbeschleuniger in Wien 231
    4. 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung 234
  5. 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 236
    1. 5.1 Das regionale Netzwerk wird zerstört 237
      1. 5.1.1 Die Auflösung des Exner-Kreises 237
      2. 5.1.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission im ZweitenWeltkrieg 241
    2. 5.2 Auf der Suche nach neuen Organisationsformen 252
      1. 5.2.1 Die Neuordnung der Physikalischen und Chemischen Institute 252
      2. 5.2.2 Die Suche nach neuen industriell-wissenschaftlichen Netzwerken 260
    3. 5.3 An der Peripherie des neuen Netzwerks 264
      1. 5.3.1 Forschungsarbeiten im Auftrag des Militärs 265
      2. 5.3.2 Neue Pläne zum Bau eines Teilchenbeschleunigers in Wien 270
      3. 5.3.3 Der problematische Radiumnachschub 276
      4. 5.3.4 Kernforschung für den Uranverein 282
      5. 5.3.5 Geophysik im Kontext des SS-Ahnenerbes 300
    4. 5.4 Das Kriegsende 304
    5. 5.5 Den Krieg für die Wissenschaft nutzbar machen 305
  6. 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog 307
    1. 6.1 Alliierte Geheimdienste auf den Spuren der Kernforschung in Österreich 308
    2. 6.2 Die Alliierten als Arbeitgeber 312
    3. 6.3 Kernforscher aus Österreich : Keine Munition im »Arsenal des Wissens« 320
  7. 7. Schluss 322
  8. 8. Anhang 334
  9. Abkürzungsverzeichnis 334
  10. Verzeichnis der benutzten Archivbestände 336
  11. Literaturverzeichnis 340
  12. Personenregister 369
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