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Erzählen vom Leben im 20. Jahrhundert - Erinnerungspraxis und Erzähltraditionen in lebensgeschichtlichen Interviews am Beispiel der Region Montafon/Vorarlberg
Seite - 129 -
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129 Erdäpfel gegraben auch. Die Tante ist neben mir gewesen mit der Haue und die hat gesehen, dass der Stier übers Feld herunter kommt, mit dem Schwanz in der Luft. Und die hat geschrien: „Der Stier, der Stier kommt!“ Und wir sind gelaufen, hinter dem Stall haben wir uns versteckt. Da haben wir laufen können über das neu Gemähte, sonst haben wir nicht gut gehen können. Und die Ahna hat uns gelehrt mit den Kräutern umgehen, was man alles braucht. Das habe ich alles daheim gelernt. Heute noch habe ich alles Kräuter, alles was einem gut tut. Da hat es keinen Doktor gegeben, dass man hätte gleich zum Doktor gehen. Da hat sie uns eine Speckschwarte um den Hals herum getan, dass man gemeint hat, man hätte einen Pappendeckel um den Hals herum, so starr ist das gewesen, wenn sie trocken gewesen ist, ist sie auseinander gesplit- tert, die Schwarte. Und fort ist es gewesen das Halsweh. Ja. Und eine gehörige, großmächtige Kupferbettflasche, das hat dann einen Knutsch getan, wenn die aus dem Bett gefallen ist! Und schlafen haben wir dürfen bei der Ahna, wo wir klein gewesen sind, weil ein großmächtiges altes Montafonerbett hat sie gehabt. Und dann hat sie gesagt: „Ja, wer zuerst im Bett ist, dem erzähle ich dann eine Butzgeschichte.“ Und dann haben wir uns schon gefürchtet auf die Butzgeschichte und gefreut. Und dann hat sie die Butzgeschichte erzählt. Und Zeug hat sie gewusst, Sprüche und Lieder hat sie gewusst. Alles Mögliche. […] Aber wir haben auch müssen ins Rorate gehen! Mit gefrorenen Füßen und Händen sind wir dann heim gekommen. Und alle Tage in die Messe. Wenn man nicht in die Messen gegangen ist, hat man eine schlechte Religionsnote bekommen. Religion, Betragen und Fleiß sind die ersten Noten gewesen. Reli- gion, Betragen und Fleiß! Wir haben noch müssen Grüßen lernen. Wir haben müssen hinaus gehen aus der Klasse und hereinkommen mit Knicks, haben wir müssen, Buben und „Maiggi“143, und einander die Hand geben. „Und so tut man grüßen.“ Das kann man heute auch suchen, ja! I: Sind dir noch Sprüche in Erinnerung? WD: Sprüche? Jessas! Eines ist ein ganz ein „hetziges“144, das habe ich nie ver- gessen. Das geht über das graue „Henili“145, das ist ein so ein Wiederholungs- spruch. Das hat die können, und ich kann es zum Glück heute auch noch. Ich habe immer, erst habe ich es meinen Buben erzählt, und dann hab ich es den Enkelkindern erzählt. Und vor allem, wir sind ja so, ganz gläubig aufgewach- sen, wirklich. Wir haben immer müssen beten am Tisch und Rosenkranz und alles haben wir müssen können. Also, das graue Henili, hat sie dann gesagt: „Grau ischt mi Henili, Entaquent häßt mi Ent, grau ischt mi Henili, Entaquent häßt mi Ent, Gigeriga häßt mi Ha, grau ischt mi Henili, Entaquent häßt mi Ent, Gigeriga häßt mi Ha, Mager-und-Fäßt häßt mi Gäß, grau ischt mi Henili, Entaquent häßt mi Ent, Gigeriga häßt mi Ha, Mager-und-Fäßt häßt mi Gäß, 143 Mädchen. 144 lustiges. 145 Hühnchen.
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Erzählen vom Leben im 20. Jahrhundert Erinnerungspraxis und Erzähltraditionen in lebensgeschichtlichen Interviews am Beispiel der Region Montafon/Vorarlberg
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Erzählen vom Leben im 20. Jahrhundert
Untertitel
Erinnerungspraxis und Erzähltraditionen in lebensgeschichtlichen Interviews am Beispiel der Region Montafon/Vorarlberg
Verlag
StudienVerlag
Ort
Innsbruck
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
Abmessungen
15.8 x 23.4 cm
Seiten
464
Schlagwörter
Oral history, biographical narratives, narrative traditions, lebensgeschichtliches Erzählen, Erzähltraditionen
Kategorie
Geographie, Land und Leute

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Einführung 13
  3. 1. Kritik des lebensgeschichtlichen Erzählens 17
    1. 1.1. Potenzial und Grenzen des biografischen Interviews 18
    2. 1.2. Entstehung und Funktion von Erinnerungen 22
      1. 1.2.1. Wahrnehmung 22
      2. 1.2.2. Kollektives, kulturelles, kommunikatives, autobiografischesGedächtnis 25
      3. 1.2.3. Erinnerung 29
    3. 1.3. Spezifika von Erzählungen im Rahmen lebensgeschichtlicher Interviews 31
      1. 1.3.1. Vom Erzählen zur Erzählung 32
      2. 1.3.2. Spezifika von Erzählungen im narrativen Interview 34
      3. 1.3.3. Spezifika lebensgeschichtlicher Erzählungen 35
    4. 1.4. Potenzial der Erinnerungserzählungen 42
  4. 2. Quellenmaterial, Forschungsziel und Auswertung 47
    1. 2.1. Zur Entstehung des Quellenmaterials 47
      1. 2.1.1. Der Idealtyp des narrativen Interviews und die Praxis 48
      2. 2.1.2. Die Arbeit mit dem erhobenen Quellenmaterial 50
      3. 2.1.3. Statistischer Überblick über die biografischen Interviews 52
    2. 2.2. Erinnerungspraxis und Erzähltradition: Definition und Forschungsziel 55
      1. 2.2.1. Zur Methodik der Auswertung und Analyse 58
      2. 2.2.2. Zur Darstellung der Ergebnisse 60
  5. 3. Erinnerungspraxis und Traditionen lebensgeschichtlichen Erzählens 63
    1. 3.1. Einstiege in die lebensgeschichtlichen Erzählungen 63
    2. 3.2. Leitlinien des lebensgeschichtlichen Erzählens 67
    3. 3.3. Topoi in lebensgeschichtlichen Erzählungen 71
    4. 3.4. Lebensgeschichtliche Erzählstoffe und Mustererzählungen 73
      1. 3.4.1. Sagenhaftes von den AhnInnen 74
      2. 3.4.2. AhnInnen als GastarbeiterInnen 78
      3. 3.4.3. Traditionelle Landwirtschaft 84
      4. 3.4.4. Zuerwerb zur Landwirtschaft 98
      5. 3.4.5. Niedergang der traditionellen Berglandwirtschaft 104
      6. 3.4.6. Modernisierung 112
      7. 3.4.7. Alltag im traditionellen Gefüge 127
      8. 3.4.8. Bräuche und Gewohnheiten 136
      9. 3.4.9. Armut und einfache Verhältnisse 152
      10. 3.4.10. „Harte, arbeitsame Kindheit“ 162
      11. 3.4.11. Idyllisierung der einfachen Verhältnisse 173
      12. 3.4.12. Lausbuben- und Schulgeschichten 175
      13. 3.4.13. Autoritäten 183
      14. 3.4.14. Die 1930er Jahre und die „Tausend-Mark-Sperre“ 190
      15. 3.4.15. Der „Anschluss“ und seine Bedeutung für die MontafonerInnen 195
      16. 3.4.16. NS-Propaganda in der Schule 210
      17. 3.4.17. In der Hitlerjugend 213
      18. 3.4.18. Im (Un-)Wissen um die NS-Verbrechen 221
      19. 3.4.19. Repressives NS-System 230
      20. 3.4.20. Auflehnung und Widerstand 235
      21. 3.4.21. Schwarzhandel, Schwarzschlachten, Schwarzhören 237
      22. 3.4.22. Kriegsbeginn und die „verlorenen Jahre“ 243
      23. 3.4.23. Von den Schrecken des Krieges 252
      24. 3.4.24. Gefangenschaft 263
      25. 3.4.25. Heimkehr 268
      26. 3.4.26. Krieg in Vorarlberg 273
      27. 3.4.27. Flüchtlingsgeschichten 278
      28. 3.4.28. Von Kriegsgefangenen und ZwangsarbeiterInnen 287
      29. 3.4.29. Von Deserteueren und „Waldhockern“ 294
      30. 3.4.30. Die drohende Staumauersprengung im Vermunt 297
      31. 3.4.31. Kriegsende 301
      32. 3.4.32. „Heimatverteidiger“ und Widerstandsbewegung bei Kriegsende 304
      33. 3.4.33. Die französische „Besatzung“ und die „Marokkaner“ 309
      34. 3.4.34. Entnazifizierung 324
      35. 3.4.35. Armut und einfache Verhältnisse in der Nachkriegszeit 329
      36. 3.4.36. Schmuggeln und Schmugglergeschichten 333
      37. 3.4.37. Wildern und Wilderergeschichten 337
      38. 3.4.38. Beruflicher Werdegang und Ausbildung 340
      39. 3.4.39. Wirtschaftlicher Aufschwung in der Nachkriegszeit 349
      40. 3.4.40. Neu-Anfang mit dem Tourismus 353
      41. 3.4.41. Urlaube mit der Familie 366
      42. 3.4.42. Liebe und Ehe 370
      43. 3.4.43. Geburt der Kinder 381
      44. 3.4.44. Unfälle und Krankheiten 385
      45. 3.4.45. Umgang mit dem Altern 393
      46. 3.4.46. Umgang mit Tod und Verlust 395
      47. 3.4.47. Naturkatastrophen 400
      48. 3.4.48. Mystisches und rätselhafte Begebenheiten 406
      49. 3.4.49. Kultur- und Jugendpessimismus 411
      50. 3.4.50. Geschlechterrollen und -bilder 414
  6. 4. Zusammenfassung und Synthese 421
    1. 4.1. Erzählstoffe und Leitlinien 422
      1. 4.1.1. Die 50 Erzählstoffe einer Durchschnittsbiografie 424
      2. 4.1.2. Ein Leben geprägt von Wandel 427
      3. 4.1.3. Arbeit als Lebensthema 428
      4. 4.1.4. Männer- und Frauenerzählungen 429
      5. 4.1.5. Geschichtliches und Lebensgeschichtliches 430
    2. 4.2. Erzählstrukturen und -strategien: Rechtfertigung, Idyllisierung, Vergleich 432
  7. 5. Verzeichnisse und Nachweise 439
    1. 5.1. Liste der anonymisierten ZeitzeugInnen 439
    2. 5.2. Literaturverzeichnis 440
    3. 5.3. Internetquellen 454
    4. 5.4. Abbildungsverzeichnis 454
    5. 5.5. Ortsregister 458
    6. 5.6. Personenregister 461
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