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306 Verkaufszentrum gehabt, der Vater von dem Toni. Da sind acht Militärler
gewesen mit einer Vierling-Flak. Vierling … das ist für die Flugzeuge zum
Abschießen. Eine Vierling. Das ist so ein Gerät, eine große Maschine. Und
da können sie auf Flugzeuge schießen. Und danach sind wir hinunter und zu
dem hinein und da haben wir gesagt: „Jetzt seid ihr uns unterstellt. Jetzt habt
ihr keine Arbeit mehr, nur mit uns. Was wir sagen, das müsst ihr machen.“
Und dann haben wir die engagiert, die acht Wehrmänner: „Jetzt geht ihr mit
uns mit der Vierling da hinaus. Am Anfang, wo man heraufkommt da, wo
die steile Gegend ist, Gavatscha heißt das. Da stellen wir jetzt die Vierling
auf und jeder Militärler, jeder Wagen, der kommt, muss stehen bleiben und
die entwaffnen wir! Gell!“ Und das haben wir dann auch so gemacht. Wir
haben dann einen hinaus geschickt, wo das Kapellili steht in der Vallatscha.
Und jedes Mal, wenn da so ein Militärwagen gekommen ist, hat der müssen
einen Schuss abgeben und dann haben die [unverständlich], also die Wehr-
männer … denen haben wir gesagt: „Und jetzt gleich, gegen die Straße!“ Mit
der Vierling. Und dann sind die stehen geblieben, die haben ja stehen bleiben
müssen. Und dann, Offiziere jeder Art haben wir entwaffnet und die Wägen
untersucht, ob nicht Sprengmaterial oder so etwas drinnen ist. Und wie wir
fertig waren, haben wir gesagt: „Jetzt könnt ihr einsteigen und weiterfahren.“
Und dann sind sie halt bis Partenen haben sie fahren können. Dazumal hat
es die Straße in die Silvretta noch nicht gegeben. Da sind sie halt da hinein
und dann haben sie schauen müssen, wie sie es gemacht haben. Viele haben
dann von Bauern so Bauerngewand … und das eigene Gewand weg … mit
den Medaillen und so. […]
I: Warum haben Sie denen die Waffen abgenommen, das hätte Ihnen ja egal
sein können, oder?
CY: Nein. Das hat uns nicht egal sein können. Wir sind ja Heimatverteidiger!
Wir waren Heimatverteidiger! Und wir haben gedacht, wenn die so etwas
noch dabei haben, dann könnte ja die Mauer noch gesprengt werden! Das ist
wegen dem gewesen. Und, und … Kein Schuss darf fallen! Weil wenn nach-
her … das sind Marokkaner, die haben sie vorgeschickt, die Franzosen. Und
dann wäre da nur geschossen und angezündet worden, wenn sich die da ver-
teidigt und gewehrt hätten. Und im Montafon ist kein Schuss gefallen und
kein Feuer gelegt worden. Zum Schluss ist telefoniert worden nach Bludenz
an die SSler: „In das Montafon braucht ihr nicht hinein.“ Das haben wir halt
erfahren, aber wir wissen ja nicht, wer das gemacht hat. Aber das ist formu-
liert worden, dass die SS nicht ins Montafon darf … Sie kämen nicht mit dem
Leben davon. So auf die Art hat man das denen gesagt. Und dann ist die SS
durch das Klostertal hinein und dort drinnen hat es gebrannt und geschossen
und gebrannt und geschossen … Aber im Montafon war kein SSler, weil sie
gewarnt worden sind von jemand. Ich muss sagen, das sind ja Berufskollegen
gewesen, halt Frontkameraden, nicht. Und so haben wir das Montafon vor
Schuss und Brand gerettet. Wir waren ja Heimatverteidiger, wir haben das im
Kopf gehabt: „Wir müssen uns jetzt wehren, sonst pfeffern sie da herum.“ Und
das kommt alles auf die Einheimischen an.
Erzählen vom Leben im 20. Jahrhundert
Erinnerungspraxis und Erzähltraditionen in lebensgeschichtlichen Interviews am Beispiel der Region Montafon/Vorarlberg
- Titel
- Erzählen vom Leben im 20. Jahrhundert
- Untertitel
- Erinnerungspraxis und Erzähltraditionen in lebensgeschichtlichen Interviews am Beispiel der Region Montafon/Vorarlberg
- Verlag
- StudienVerlag
- Ort
- Innsbruck
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- Abmessungen
- 15.8 x 23.4 cm
- Seiten
- 464
- Schlagwörter
- Oral history, biographical narratives, narrative traditions, lebensgeschichtliches Erzählen, Erzähltraditionen
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Einführung 13
- 1. Kritik des lebensgeschichtlichen Erzählens 17
- 2. Quellenmaterial, Forschungsziel und Auswertung 47
- 3. Erinnerungspraxis und Traditionen lebensgeschichtlichen Erzählens 63
- 3.1. Einstiege in die lebensgeschichtlichen Erzählungen 63
- 3.2. Leitlinien des lebensgeschichtlichen Erzählens 67
- 3.3. Topoi in lebensgeschichtlichen Erzählungen 71
- 3.4. Lebensgeschichtliche Erzählstoffe und Mustererzählungen 73
- 3.4.1. Sagenhaftes von den AhnInnen 74
- 3.4.2. AhnInnen als GastarbeiterInnen 78
- 3.4.3. Traditionelle Landwirtschaft 84
- 3.4.4. Zuerwerb zur Landwirtschaft 98
- 3.4.5. Niedergang der traditionellen Berglandwirtschaft 104
- 3.4.6. Modernisierung 112
- 3.4.7. Alltag im traditionellen Gefüge 127
- 3.4.8. Bräuche und Gewohnheiten 136
- 3.4.9. Armut und einfache Verhältnisse 152
- 3.4.10. „Harte, arbeitsame Kindheit“ 162
- 3.4.11. Idyllisierung der einfachen Verhältnisse 173
- 3.4.12. Lausbuben- und Schulgeschichten 175
- 3.4.13. Autoritäten 183
- 3.4.14. Die 1930er Jahre und die „Tausend-Mark-Sperre“ 190
- 3.4.15. Der „Anschluss“ und seine Bedeutung für die MontafonerInnen 195
- 3.4.16. NS-Propaganda in der Schule 210
- 3.4.17. In der Hitlerjugend 213
- 3.4.18. Im (Un-)Wissen um die NS-Verbrechen 221
- 3.4.19. Repressives NS-System 230
- 3.4.20. Auflehnung und Widerstand 235
- 3.4.21. Schwarzhandel, Schwarzschlachten, Schwarzhören 237
- 3.4.22. Kriegsbeginn und die „verlorenen Jahre“ 243
- 3.4.23. Von den Schrecken des Krieges 252
- 3.4.24. Gefangenschaft 263
- 3.4.25. Heimkehr 268
- 3.4.26. Krieg in Vorarlberg 273
- 3.4.27. Flüchtlingsgeschichten 278
- 3.4.28. Von Kriegsgefangenen und ZwangsarbeiterInnen 287
- 3.4.29. Von Deserteueren und „Waldhockern“ 294
- 3.4.30. Die drohende Staumauersprengung im Vermunt 297
- 3.4.31. Kriegsende 301
- 3.4.32. „Heimatverteidiger“ und Widerstandsbewegung bei Kriegsende 304
- 3.4.33. Die französische „Besatzung“ und die „Marokkaner“ 309
- 3.4.34. Entnazifizierung 324
- 3.4.35. Armut und einfache Verhältnisse in der Nachkriegszeit 329
- 3.4.36. Schmuggeln und Schmugglergeschichten 333
- 3.4.37. Wildern und Wilderergeschichten 337
- 3.4.38. Beruflicher Werdegang und Ausbildung 340
- 3.4.39. Wirtschaftlicher Aufschwung in der Nachkriegszeit 349
- 3.4.40. Neu-Anfang mit dem Tourismus 353
- 3.4.41. Urlaube mit der Familie 366
- 3.4.42. Liebe und Ehe 370
- 3.4.43. Geburt der Kinder 381
- 3.4.44. Unfälle und Krankheiten 385
- 3.4.45. Umgang mit dem Altern 393
- 3.4.46. Umgang mit Tod und Verlust 395
- 3.4.47. Naturkatastrophen 400
- 3.4.48. Mystisches und rätselhafte Begebenheiten 406
- 3.4.49. Kultur- und Jugendpessimismus 411
- 3.4.50. Geschlechterrollen und -bilder 414
- 4. Zusammenfassung und Synthese 421
- 5. Verzeichnisse und Nachweise 439