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ren der gängigen wissenschaftlichen Gesamtdarstellungen der Geschichte
Österreichs entschieden haben.
Am Beginn der Spezialforschung steht die 1984 erschienene Arbeit Der
österreichische Ständestaat des deutschen Historikers Ulrich Kluge.12 Einen
ersten Höhepunkt erreichte die Ständestaat-Historiographie im Dezennium
1985–199413, einen weiteren kann man in den letzten Jahren feststellen. Die
nach der Jahrtausendwende erschienenen Arbeiten tragen in hohem Maße
die Handschrift des Wiener Politologen Emmerich Tálos, dessen seit den
achtziger Jahren betriebene Forschungen in die 2013 erschienene Mono-
graphie Das austrofaschistische Herrschaftssystem mündeten.14 Die Quint-
essenz der darin ausführlich dargelegten Aussagen hatte er 2005 in einem
Aufsatz vorweggenommen15, der als das gleichsam „letzte Wort“ in einem
von ihm (in Zusammenarbeit mit Wolfgang Neugebauer) herausgegebenen
einschlägigen Sammelband zu betrachten ist. Als Orientierung hilfreich
ist ein ebenfalls 2013 vorgelegter Sammelband mit dem Titel Das Dollfuß/
Schuschnigg-Regime 1933–1938, in dem zwei ambitionierte junge Histori-
ker, Florian Wenninger und Lucile Dreidemy, den Anspruch erheben, For-
schungsberichte zu einzelnen Aspekten der Thematik mit der Formulierung
von Desiderata zu verbinden.16 Fast zeitgleich erschien unter der Herausge-
berschaft eines Teams um die Wiener Rechtshistorikerin Ilse Reiter-Zatlou-
kal eine weitere Aufsatzsammlung.17 Als vorläufig letztes Werk ist – trotz
der begrenzten Thematik, aber wegen des weltanschaulichen Gleichklangs
und des apodiktischen Stils – eine Arbeit über den „Dollfuß-Mythos“ von Lu-
cile Dreidemy zu nennen.18
Im eben genannten Reigen stellt Kluge eine Gruppe dar, alle anderen Au-
toren bzw. Herausgeber die andere, und diese Letztere tritt mit einer Si-
cherheit und Kompaktheit auf, dass man dem von ihr entworfenen Bild den
Charakter einer Meistererzählung bescheinigen kann.19 Die Titel der Mono-
graphien von Kluge und Tálos bringen die zentrale Forschungsfrage auf den
Punkt: War das politische System in Österreich faschistisch oder nicht? In
12 KluGe, Ständestaat.
13 sauereGGer, „Niemals vergessen?“, 37; zu den Forschungsdefiziten vgl. sonnleitner, Wider-
stand, 22.
14 tálos, Das austrofaschistische Herrschaftssystem (2013).
15 tálos, Das austrofaschistische Herrschaftssystem (2005).
16 wenninGer/dreidemy, Das Dollfuß/Schuschnigg-Regime 1933–1938.
17 reiter-ZatlouKal/rothländer/schölnberGer, Österreich 1933–1938.
18 dreidemy, Der Dollfuß-Mythos.
19 Wenninger/Dreidemy heben ausdrücklich hervor, dass der von ihnen herausgegebene Sam-
melband einem Double-Blind-Review unterzogen wurde; wenninGer/dreidemy, Das Doll-
fuß/Schuschnigg-Regime, 9.
1.1 DIE GELTENDE MEISTERERZÄHLUNG – UND WAS SIE OFFEN LÄSST 21
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Titel
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Untertitel
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Autor
- Erika Kustatscher
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Abmessungen
- 17.4 x 24.6 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580