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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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Die Vorbehalte gegen die Folgen der Französischen Revolution führten zu einer Revision des Gleichheitsbegriffs im Sinn einer ständischen Mediatisie- rung des Individuums.141 Nach 1789 dienten ständische Konzepte als Aus- druck konservativen Widerstands gegen Demokratie und Kapitalismus142; der Konservatismus als politische Bewegung ist als Antwort auf 1789 zu ver- stehen.143 Mit dem Allgemeinen Landrecht in Preußen im Jahr 1794144 und dem All- gemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch in Österreich im Jahr 1811145 verlor der Stand seine Qualität als rechtliche Kategorie.146 Gleichwohl entwarfen beide Kodifikationen faktisch eine ständische Gesellschaft, in der Staat und Ge- sellschaft noch ungeschieden zu sein schienen; manche Aspekte ständischen Denkens wurden darin geradezu zementiert.147 Ziel der egalitären Staats- bürgergesellschaft des 19. Jahrhunderts war nur die Gleichheit vor dem Ge- setz, nicht die politische Gleichheit.148 Der preußische Staatsminister Karl Freiherr vom Stein machte kein Ge- heimnis daraus, dass er den Ständegedanken für geeignet hielt, eine Erneu- erung des preußischen Staates zu erwirken. Er setzte ihn nicht nur dem Ge- danken der Demokratie entgegen, sondern versprach sich von ihm auch die Vermeidung absolutistischer Tendenzen.149 Artikel XIII der Deutschen Bun- desakte verankerte das Prinzip der „landständischen Verfassung“ – auch wenn über deren Umsetzung weder Klarheit noch Einigkeit herrschte.150 In den Ter- ritorien ist das Weiterleben von Praktiken der altständischen Zeit im Vormärz nicht zuletzt am hohen Stellenwert von Erbhuldigungen erkennbar.151 Damals traten, freilich ohne vorerst den monarchischen und feudalen Charakter des Staates anzutasten, an die Stelle „altständischer“ Ideen soge- nannte „neuständische“, weil Bürger und Bauern eine stärkere Repräsenta- tion erhielten. Diese neuen Stände verstanden sich als Vermittler zwischen Staat und Gesellschaft, die in Wirklichkeit keine Einheit mehr bildeten.152 141 mayer-tasch, Korporativismus, 10–16. 142 simonett, Die berufsständische Ordnung, 11. 143 mannheim, Konservatismus, 50 f. und 127 f.; hanisch/urbanitsch, Prägung, 62 und 67. 144 Vgl. KosellecK, Preußen. 145 Vgl. rumPler, Eine Chance, 108–111. 146 GG 6 (1990), 234–236 (Stand/Klasse, R. walther). 147 friedrich, Vom Umbau, 453–455. 148 lanGewiesche, Liberalismus, 29. 149 bohn, Ständestaatskonzepte, 29. 150 mayer-tasch, Korporativismus, 19 f.; maZohl, Die politischen und rechtlichen Vorausset- zungen, 234 f. 151 maZohl/schneider, Translatio Imperii, 121. 152 brunner, Die Freiheitsrechte, 187 f.; hanisch, Konservatives und revolutionäres Denken, 215. 1. DAS ERKENNTNISINTERESSE34
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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