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auf die im Folgenden zunächst grob skizzierte Methodik zentrale Bedeu-
tung zu.
Seit 1991 liegt eine prosopographische Arbeit vor, die alle Mandatare in
ihrem Wirken vorstellt und ihre Biogramme nach demographischen, sozia-
len und politischen Kriterien auswertet.190 Die, sofern vorhanden, ebenfalls
verzeichneten wissenschaftlichen, literarischen, journalistischen und auto-
biographischen Arbeiten dieser Personen wurden jedoch ausgespart, weil die
Darstellung der Tätigkeit in den Organen der Bundesgesetzgebung darin
nur geringen Raum einnehme.191 Diese Einschätzung ist richtig, als Zeug-
nisse des Denkens der betreffenden Personen sowie als Quellen zur Geis-
tes- und Mentalitätsgeschichte der Zeit verdienen die Äußerungen aber
sorgfältige Beachtung.192 In ihrer Gesamtheit bilden sie – unabhängig von
der kaum noch zu klärenden Frage nach dem Grad ihrer Rezeption bei den
Zeitgenossen – eine wichtige Ergänzung zu einer mit präzisen Parametern
arbeitenden Soziologie.193 Zugleich bilden sie die Grundlage zur Erfüllung
der von Grete Klingenstein in Zusammenhang mit den Schwierigkeiten der
Verwendung des Begriffs „Austrofaschismus“ bereits 1970 erhobenen For-
derung, spezifische Fragestellungen, insbesondere Personen und Personen-
gruppen, subtilen Einzelanalysen zu unterziehen.194
Die Studie bedarf ausführlicher Prämissen: Nach Überlegungen zur Me-
thode (Kap. 2) hat das Interesse, ehe zur Ständethematik im engeren Sinn
übergegangen werden kann, der politischen Situation Österreichs (Kap. 3,
mit besonderer Berücksichtigung der nach wie vor viele Fragen aufgeben-
den Beziehungen zum faschistischen Italien195) und ihrer Wahrnehmung
von Seiten der politisch-gesellschaftlichen Hauptakteure des Ständestaates
(Kap. 4) zu gelten, sodann der Wertewelt, die deren Denken und Handeln
bestimmte (Kap. 5). Auf diesem Weg gelingt die Hinführung zu zentralen
Komponenten des Begriffs „Stand“ (Kap. 6). Die berufsständische Ordnung
erscheint im Vergleich dazu als ein Thema von geradezu nachrangiger Be-
deutung (Kap. 7), keineswegs ausreichend, die als selbstverständlich erach-
tete Trennung von Staat und Gesellschaft zu rechtfertigen, jedenfalls nicht
ohne Mitberücksichtigung zusätzlicher Aspekte des Ständischen (Kap. 8).
190 enderle-burcel, Mandatare, passim.
191 Kraus, „Volksvertreter“, 8–12.
192 Einen analogen Ansatz verfolgt seefried, Reich, 24.
193 Vgl. etwa das in seiner Art fraglos verdienstvolle Werk von stimmer, Eliten.
194 KlinGenstein, Bemerkungen, 9.
195 reiter-ZatlouKal/rothländer/schölnberGer, Einleitung, 9; unzureichend mittelmeier,
Austrofaschismus.
1.3 DAS ARBEITSVORHABEN 39
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Titel
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Untertitel
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Autor
- Erika Kustatscher
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Abmessungen
- 17.4 x 24.6 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580