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nisse bzw. von verharmlosenden Darstellungen bewusst.124 Trotzdem bleibt
das Verdikt, er sei ein „Brückenbauer“ zum Hitlerregime gewesen.125
Am 1. Oktober 1932 wurde die SZ mit dem NR zusammengelegt.126 Ab No-
vember 1933 erschien als „Gegengründung“ die Wochenzeitung Der Christ-
liche Ständestaat127, die Eberle vorwarf, nicht mehr genügend österreichisch
zu sein.128 Der Titel, zu dem Friedrich Funder angeregt hatte, wurde auf
Wunsch von Bundeskanzler Dollfuß gewählt – gegen den Widerstand ande-
rer Weggefährten.129 Herausgeber Dietrich von Hildebrand, ein in München
lehrender Philosoph, der nach Hitlers Machtergreifung aus Deutschland
geflüchtet und von Dollfuß in Österreich aufgenommen worden war130, er-
klärte, es sei nicht seine Absicht, ein undemokratisches System zu verteidi-
gen.131 Das bis Februar 1938 erscheinende Blatt wurde vielleicht aus franzö-
sischen Quellen mitfinanziert.132
Hildebrand, von Papst Pius XII. als „der Kirchenlehrer des 20. Jahrhun-
derts“ bezeichnet133, ein „klassischer“ Konservativer, der den Nationalsozi-
alismus als unversöhnlichen weltanschaulichen Gegner begriff134, beobach-
tete Eberles Umgang mit diesem System mit Sorge.135 Er war indes eine zu
vornehme Persönlichkeit, als dass er zu billiger Polemik geschritten wäre,
und räumte daher ein, dass er manches an der SZ durchaus schätzte. Eberle
zollte seinerseits dem CS den gebührenden Respekt136, bedauerte aber den
Verzicht auf Kontaktnahme mit seinem Blatt. Das Juliabkommen von 1936
festigte die Position der SZ und schwächte die des CS.137 1937 trat Hilde-
brand als Herausgeber zurück; ihm folgte Hans Karl Zeßner-Spitzenberg
nach.138
124 ePPel, Zwischen Kreuz, 85–89, 193–198 und 206–215.
125 hofer, Joseph Eberle, 5; ZieGerhofer-Prettenthaler, Schönere Zukunft, 401–403.
126 ePPel, Zwischen Kreuz, 20; ZieGerhofer-Prettenthaler, Schönere Zukunft, 400 f.
127 ebner, Politische Katholizismen, 191; ebneth, Wochenschrift, 103; hofer, Joseph Eberle,
126; noser, Die historische Tragik, 188 f. und 233 f.; schweitZer, Volkstumsideologie, 62.
128 ePPel, Zwischen Kreuz, 89.
129 KuGler, Die frühe Diagnose, 125 f.
130 binder, Der „Christliche Ständestaat“, 219; connelly, From Enemy, 111; ebneth, Wochen-
schrift, IX und 14; ePPel, Zwischen Kreuz, 283 f.; seefried, Reich, 87 und 107 f.; tálos,
Handbuch, 485 (H. haas).
131 v. hildebrand, Memoiren, 69; zur Kritik am autoritären politischen System vgl. seefried,
Reich, 240 f.
132 bertolaso, Die erste Runde, 167 f.
133 connelly, From Enemy, 108.
134 connelly, From Enemy, 95; seefried, Reich, 221 und 356.
135 CS 11. 3. 1934 (D. v. hildebrand); vgl. ePPel, Zwischen Kreuz, 240.
136 hofer, Joseph Eberle, 359–364.
137 schweitZer, Volkstumsideologie, 63; seefried, Reich, 240–252.
138 ePPel, Zwischen Kreuz, 284–287; wohnout, Traditionsreferat, 80; wohnout, Hans Karl Zeß-
3.1 ÖSTERREICH 1918–1938 71
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Titel
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Untertitel
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Autor
- Erika Kustatscher
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Abmessungen
- 17.4 x 24.6 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580