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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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nicht verstanden worden.355 Vogelsang lehnte den Kapitalismus ab, den er mit Judentum, Liberalismus und Sozialismus in Zusammenhang brachte. Er verstand darunter allerdings nicht ein bestimmtes Wirtschaftssystem, bei- spielsweise die Marktwirtschaft, sondern eine Form des Egoismus, die ver- antwortliches Handeln im christlichen Sinn nicht zulasse und zum Kampf aller gegen alle führe, eine Auffassung von Besitz als Selbstzweck. Ursache dieser Fehlhaltung sei das Fehlen basaler Ordnungskriterien.356 Der Sozia- lismus war für ihn die Umkehrung des Darwinismus, daher der sichere Weg zum Klassenkampf.357 Als Alternative schwebte ihm ein auf dem Naturrecht (Kap. 5.4) beruhender adlig-klerikaler Sozialkatholizismus vor.358 1850 kon- vertierte er zum Katholizismus.359 Zu seinen Mitarbeitern hatte der Aristokrat ein personales Verhältnis, anders als in den Fabriken, entsprechend der Forderung, die Beziehung zwi- schen Unternehmer und Arbeiter sollte nicht nur rechtlich, sondern auch sittlich geordnet sein.360 Für ihn war es undenkbar, die feudale Ordnung mit unmenschlicher Ausbeutung gleichzusetzen.361 Er übernahm von dieser auch nicht das geburtsständische Modell, sondern forderte ein berufsständisch-ge- nossenschaftlich geordnetes Gemeinwesen.362 Die Gesellschaft wünschte er sich organisch gegliedert, nicht als die gestaltlose, durch einen künstlichen Beamtenmechanismus gesteuerte Masse.363 Das Proletariat sollte von der Ge- sellschaft „aufgesaugt“, zu einem organischen Bestandteil derselben werden.364 Die Stände waren für ihn ein bunter Fächer, entstanden aus den diversen be- ruflichen Qualifikationen.365 Für den Tüchtigsten sah er Möglichkeiten, traditi- onelle Schranken zu durchbrechen, die Masse aber müsse auf einem mittleren ökonomischen Niveau gehalten werden.366 Konservativ zu sein war für ihn eins mit dem Wirken für eine Umgestaltung der Gesellschaft zum Besseren.367 355 CS 8. 4. 1934 (W. v. KloPP). 356 bader, Der Friede, 214 f.; bader, Karl Lugmayer, 22 f.; hanisch/urbanitsch, Prägung, 67 f .; meyer, Stand, 216; roos, Entstehung, 105 f. 357 hasiba, Der berufsständische Gedanke, 107; iber, Vom Syllabus, 15; senft, Im Vorfeld, 57; streitenberGer, Leitbild, 95. 358 bader, Christliche Sozialreform, 155–157; brucKmüller, Sozialgeschichte, 338; schmit, Christliche Arbeiterbewegung, 24. 359 hanisch, Konservatives und revolutionäres Denken, 73–77. 360 bader, Die geistige Grundlegung, 168. 361 bader, Die geistige Grundlegung, 148–152. 362 bader, Die geistige Grundlegung, 163; ebneth, Wochenschrift, 156; meyer, Stand, 217 f. 363 iber, Vom Syllabus, 17. 364 allmayer-becK, Vogelsang, 139. 365 allmayer-becK, Vogelsang, 146. 366 hanisch, Konservatives und revolutionäres Denken, 198. 367 bader, Christliche Sozialreform, 153. 3. DER POLITISCH-GEISTESGESCHICHTLICHE RAHMEN92
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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