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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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derselben Weise wie der Nationalsozialismus die Interessen seiner Nach- barn.842 Waren bisher eher pragmatische, aus dem CS (im Licht der Entwicklung in Deutschland) auch teilweise positive Stellungnahmen zu referieren, so zeigt ein Blick in andere katholisch-konservative Blätter vornehmlich Ableh- nung. Im NR erschien 1924 anlässlich von Mussolinis Erfolg bei den Wah- len ein skeptischer Kommentar zur politischen Kultur Italiens, zu der auch gewaltsame Exzesse der Faschisten gehörten.843 1925 berichtete dasselbe Blatt, dieses Land stehe noch immer im Zeichen der Revolution; zwar seien Mussolinis für Bestimmtheit bürgende Maßnahmen nicht insgesamt abzu- lehnen, aber dass er sich an die „alte Ordnung“ nicht gebunden fühle, sei ihm gleichermaßen anzulasten wie sein schwieriges Verhältnis zur Kirche.844 Ein anonymer Verfasser beurteilte Mussolinis 1925 getroffene Maßnahmen gegen die Freimaurerei kritisch, weil sie nicht einer katholischen Grundein- stellung, also prinzipiellen Überlegungen, sondern solchen der politischen Opportunität geschuldet seien.845 Drei Jahre später griff im selben Ton auch Aemilian Schöpfer Mussolinis Verhältnis zur katholischen Kirche auf, aber auch sein kluges Entgegenkommen gegen dieselbe, das die Massen zufrie- denstelle. Er legte dem Duce zwar einen kirchenfeindlichen Kurs und eine Überbewertung des Staates zur Last, lobte aber seine gegen Kommunismus und Sozialismus gerichtete Politik und die Effizienz mancher Strukturen.846 1929 kommentierte der Prälat die Unterzeichnung der Lateranverträge: Mussolinis aus diesem Anlass gehaltene Rede habe Mangel an theologischer Bildung sowie Überheblichkeit und eine unhaltbare „Staatsvergötterung“ sichtbar gemacht.847 Die Reaktion von Papst Pius XI. zeige, dass die Staats- lehre des italienischen Faschismus und die göttliche Autorität der Kirche einander unversöhnlich gegenüberstehen.848 Nicht minder wichtig waren dem NR wirtschaftliche Themen. In den Jahren 1926, 1927 und 1930 stellte es seine Seiten dem italienischen Gewerkschaf- ter Giambattista Valente zur Verfügung, einem Kritiker des Faschismus, der dessen subtile Mechanismen durchschaut hatte: Viele Italiener, schrieb er, glaubten, im Faschismus die nationale Würde wiedererlangt zu haben, und dies verleihe ihnen moralische Stärke. Viele sprächen aber auch von einer Überschätzung des Staates. Den Kampf des Faschismus gegen die liberale 842 CS 7. 6. 1936 (N. dohrn). 843 NR 23. 8. 1924 (K. inthal). 844 NR 9. 5. 1925 (K. inthal). 845 NR 29. 8. 1925. 846 NR 2. 6. 1928 (Ae. schöPfer). 847 Vgl. Payne, Geschichte, 270. 848 NR 25. 5. 1929 (Ae. schöPfer). 3. DER POLITISCH-GEISTESGESCHICHTLICHE RAHMEN142
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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