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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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ten Vorbehalte gegen die Ideale von 1789) nicht der Blick dafür, dass Mus- solinis Vorgangsweise mitunter rücksichtslos war. Auch den vom Duce geforderten Primat der Verwaltung vor der Gesetzgebung, der den Rechts- staat erschüttere, konnte er nicht gutheißen, ebenso wenig den Umstand, dass Syndikate und Korporationen hinter die Partei zurücktreten müssten: Obwohl Mussolini den Willen zum Ausbau des Ständestaates beweise, sei Italien noch weit davon entfernt, ein solcher zu sein. Diesbezüglich habe Ös- terreich viel mehr erreicht; insbesondere den Grundsatz der Staatsomnipo- tenz kenne die Republik nicht, und, anders als in Italien, werde QA ernst genommen.854 Adolf Wanschura benannte die Mängel der Syndikate und Korporationen: Erstere könnten aufgrund der Trennung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern allenfalls als Ansatz zu einer berufsständischen Ord- nung gewertet werden, das Konzept der Letzteren hingegen widerspreche diesem Gedanken, weil sie als staatliche Organe das Subsidiaritätsprinzip außer Kraft setzten. Insgesamt erfülle das italienische System die Forderun- gen von QA nicht.855 1935 analysierte Heinrich Getzeny den Einfluss des französischen Sozi- alphilosophen Georges Sorel, eines der Vordenker des Syndikalismus856, auf Mussolini. Die Aspekte, auf die er besonders einging, ergaben ein Bild der Ablehnung: Antiintellektualismus, Mythos der Gewalt, Verbindung von re- volutionärem Sozialismus und revolutionärem Nationalismus. Zwar sei So- rel ein Revolutionär aus konservativer Gesinnung gewesen, der den 1789 eingeleiteten Zerfall der alten Ordnungen, auch der Familie, und der sozia- len Autoritäten bedauert habe, er habe aber nicht verhindern können, dass nunmehr die Enkel „im Geist der Großeltern gegen die Eltern“ kämpften, ihre Sache aber nicht „mit der natürlichen Selbstverständlichkeit der Groß- eltern“ verträten.857 Eindringlich entlarvte auch Herbert Stourzh den Faschismus als men- schenverachtende Ideologie; nicht minder verurteilte er den Nationalsozia- lismus. Er sprach von „Abtrünnigkeit“ vom deutschen Geist und von einem „Angriff gegen die menschliche Kultur überhaupt“; er sei die „Weltanschau- ung eines Haufens Halbgebildeter“, der schon vor Hitlers Machtergreifung durch Gewalt verherrlichendes Schrifttum, darunter Houston Stewart Chamberlain, der Boden bereitet worden sei.858 Daher befürwortete er die Ziele des österreichischen Ständestaates, ohne jedoch zu dessen Establish- 854 CS 14. 1. 1934 (R. stanKa). 855 CS 29. 4. 1934 (A. wanschura). 856 Vgl. dazu J. reiter, Entstehung, 24. 857 SZ 4. 8. 1935 (H. GetZeny). 858 CS 2. 6. 1935 (H. stourZh). 3. DER POLITISCH-GEISTESGESCHICHTLICHE RAHMEN144
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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