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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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mit der Nation identische Größe verstand. Er umfasse das Leben des Men- schen in jeder Hinsicht, „total“, und werde von der Spitze aus autoritär ge- leitet. In Gestalt des Hinweises, dass die im faschistischen Staat vereinten Begriffe „autoritär“ und „totalitär“ keineswegs per se identisch seien, klingt Kritik an. Hinsichtlich des ebenfalls sehr eigenwilligen Verständnisses von Gewaltenteilung als Arbeitsteilung berief sich Menzel auf Alfredo Rocco. Den korporativen Aufbau bezeichnete er als „Eingliederung der Gesellschaft in den Staat“: Dieser langwierige Prozess sei noch im Gange. Die Korpora- tionen beschrieb Menzel als Zwischenglieder zwischen dem Einzelnen und dem Staat. Kritik am faschistischen Staat äußerte Menzel in Gestalt des Hinweises, dass sämtliche Organe ernannt seien und unter der Aufsicht des Staates stünden. Daher könne von einer Autonomie wie in der deutschrechtlichen Genossenschaft keine Rede sein. Rocco selbst habe den Unterschied zu den mittelalterlichen Korporationen klar akzentuiert: „Der korporative Staat ist nicht der Staat in der Hand der Korporationen, sondern die Korporationen in der Hand des Staates.“ Mussolini hielt er allerdings zugute, in den Korpo- rationen – anders als Giuseppe Bottai – nicht nur Staatsorgane, sondern bis zu einem gewissen Grad auch selbständige Willensträger gesehen zu haben. Menzel ließ das Kapitel mit dem Versuch einer Antwort auf die wohl schwie- rigste Frage überhaupt ausklingen, und diese fiel differenziert aus: Dass es sich beim faschistischen Staat um eine Diktatur im juristischen Sinn handle, wie „von gegnerischer Seite“ gern behauptet, stellte er in Abrede, weil es neben dem Duce den König gebe, dass es sich in politischem Sinn aber sehr wohl um eine Diktatur handelte, gestand er ein, allerdings mit einer Ein- schränkung: Eine charismatische Herrschaft sei der italienische Faschismus nur in Teilaspekten, denn es gebe auch feste Institutionen, wie sie ein ratio- nales System kennzeichnen. Die drei Schlusskapitel sind historischer bzw. vergleichender Natur. Un- ter dem Titel Der Faschismus und die Antike (S. 81–91) beschrieb Menzel diese Ideologie „bis zu einem gewissen Grade“ als Erneuerung des antiken Staatsgedankens. Eine Italienische Staatsphilosophie (S. 92–105) glaubte er schon bei Thomas von Aquin, Dante und Marsilius von Padua orten zu dürfen, und eine enge innere Verwandtschaft mit dem Faschismus erkannte er bei Machiavelli. Antonio Rosmini und Vincenzo Gioberti schätzte er als Verfechter eines „ethischen“ Charakters des nationalen Staates; wegen des inneren Zusammenhangs von Nationalismus und Faschismus sei auch Giu- seppe Mazzini einer seiner Väter. Der erste echte Faschist sei indes Gab- riele d’Annunzio gewesen. Beziehungen des faschistischen Staatsgedankens zu außeritalienischen Lehren (S. 106–121) fand er – bei allen keineswegs geleugneten Unterschieden – bei Hobbes, Spinoza und Rousseau sowie in 3. DER POLITISCH-GEISTESGESCHICHTLICHE RAHMEN154
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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