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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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der Staatslehre der Romantik mit Edmund Burke, Novalis und Adam Mül- ler: Letzterer habe als erster neuzeitlicher Staatsdenker die Idee des Stän- destaates vertreten.898 Am größten seien die Affinitäten bei Hegel. Menzels Abhandlung endet mit zwei Anhängen. In Anlehnung an den deutsch-schweizerischen Schriftsteller Emil Ludwig899, der Mussolini aller- dings keineswegs unkritisch gegenüberstand900, verglich er auf immerhin sieben Seiten zunächst Mussolini und Goethe (S. 122–128). In selektiver Vor- gangsweise hob er als kennzeichnende Merkmale des Dichterfürsten Dyna- mismus, Aktivismus und Polarität des Denkens und Fühlens hervor. Auch die Ablehnung des Materialismus, das Ungenügen an der reinen Analyse und die große Bedeutung, die er der intuitiven Erkenntnis sowie der Tra- dition beimaß, waren für Menzel Parallelen zu Mussolini. Er operierte mit aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten und referierte den Inhalt be- rühmter Stellen: Im Kapitel Die Pädagogische Provinz im Wilhelm Meister komme „eine Vorahnung des faschistischen Systems“ zum Ausdruck. Das Buch endet mit einem kurzen Abschnitt Der Faschismus und die „Energeti- sche Staatslehre“ (S. 129–132). Hier stellte Menzel eine juristische Methode vor, in der er ein realistisches Korrektiv zur herrschenden abstrakten Vor- gangsweise sah und die ihm als Gegengewicht zu Liberalismus und Marxis- mus geeignet erschien. Durch Mussolinis Staat werde diese Lehre insofern verkörpert, als dieser nicht Erzeugnis einer Theorie sei, sondern praktischer Notwendigkeit entspringe. In permanentem Kräftefluss zwischen dem Staat und dem Einzelnen würden die Leistungen der Individuen gesteigert und Energien im Sinn einer Unterordnung unter die Staatszwecke ausgeglichen. So befremdend manche Teile dieser umfangreichen Schrift anmuten: Nur ein Jahr später erschien aus Menzels Feder in der MSchKP ein Aufsatz, der in einem Bekenntnis zur Freiheit als Anerkennung von etwas über uns ste- hendem, keineswegs mit dem Staat identischem Größeren mündete.901 Nicht vergessen sei schließlich, dass Alma Mahler-Werfel, deren Wiener Salon in den dreißiger Jahren ein Treffpunkt von Prominenten aus Politik, Kunst und Kirche war, Sympathien für den italienischen Faschismus zeig- te.902 1935 erschien in der Zeitschrift Civiltá fascista ein Artikel des ehema- ligen Bundeskanzlers Ernst Streeruwitz, in dem er das faschistische Italien 898 Eher revolutionäre Züge bei Müller orten hanisch/urbanitsch, Prägung, 66. 899 Vgl. Mussolinis Gespräche mit E. Ludwig, Berlin – Wien – Leipzig 1932; zu diesem Buch und zu Ludwig selbst vgl. thöndl, Oswald Spengler, 118 f. 900 Erwähnt seien etwa seine Vorbehalte gegen die Überordnung des Staatsganzen über das Individuum und gegen den Zynismus und die Rachsucht Mussolinis; GoetZ, Intellektuelle, 41 und 53. 901 MSchKP 1, 101–108 (A. menZel). 902 buchmayr, Der Priester, 76. 3.5 DIE NACHBARSCHAFT DES FASCHISTISCHEN ITALIEN 155
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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