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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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schwere Einwände.1058 Dem Ständegedanken stand er jedoch positiv gegen- über; ausgehend von den päpstlichen Sozialenzykliken1059, setzte er sich mit dessen verfassungsrechtlichen Aspekten auseinander. Eine 1934 in den Ju- ristischen Blättern veröffentlichte Stellungnahme zur Maiverfassung (Die ständisch-autoritäre Verfassung Österreichs. Ein kritisch-systematischer Grundriß) erschien 1935 als Buch: das Werk eines wissenschaftlichen Kom- mentators, nicht eines politischen Beraters.1060 Er begann mit der Verfas- sung von 1920, die er lobte; sie sei aber auf einen demokratisch noch un- fruchtbaren Boden gefallen. Merkl teilte die zeittypischen Vorbehalte gegen den Parlamentarismus (eine bloße „Repräsentationstechnik“1061); er sprach von Parlamentsabsolutismus und Diktatur der Parteien und nannte die Erste Republik eine Demokratie ohne Demokraten.1062 Aber auch gegen die Maiverfassung hatte Merkl Einwände. Schon der Wortlaut der Präambel störte ihn: Die Formulierung, dass das Volk die Ver- fassung „erhält“, stehe in Gegensatz zur Beachtung demokratischer For- men.1063 Die ständischen Bestimmungen seien allzu verstreut und stünden in unerwartetem systematischen Zusammenhang.1064 Er beanstandete auch, dass sich die Verfassung zur Kompetenz der Berufsstände nicht äußere und dass ihr Wirkungskreis nicht deutlich sei. Die Berufseigenheit hafte keiner sozialen Aufgabe von vornherein an, sondern werde erst nachträglich be- gründet, indem eine Berufsgruppe eine bestimmte Angelegenheit für sich in Anspruch nehme oder von einer außen stehenden Autorität zugewiesen be- komme.1065 Noch schwerer wog der Einwand, die ständische Ordnung sei Teil der staatlichen Ordnung.1066 Weitere Kritik betraf den Zentralismus und das Führerprinzip in der Regierung1067 und einen problematischen Umgang mit den Grundrechten.1068 1936 hob Merkl in einem Presseartikel allerdings die Wiederbelebung des föderalistischen Prinzips anerkennend hervor.1069 Der Abhandlung von 1935 ließ Merkl 1937/38 eine Artikelserie im Ös- terreichischen Volkswirt folgen, die später unter dem Titel Probleme der 1058 Grussmann, Adolf Julius Merkl, 37; leser, Merkls Analyse, 215–217; olechowsKi/stau- diGl-ciechowicZ, Staatsrechtslehre, 232 f. 1059 olechowsKi/staudiGl-ciechowicZ, Staatsrechtslehre, 239. 1060 Grussmann, Adolf Julius Merkl, 38; leser, Merkls Analyse, 218–221. 1061 merKl, Verfassung, 1–8; MSchKP 1, 403–409 (A. merKl). 1062 buKoscheGG, Das ständisch-autoritäre Österreich, 37–40. 1063 merKl, Verfassung, 15. 1064 merKl, Verfassung, 28. 1065 merKl, Verfassung, 32. 1066 merKl, Verfassung, 29 f.; vgl. KluGe, Ständestaat, 78; leser, Merkls Analyse, 223. 1067 merKl, Verfassung, 13; vgl. leser, Merkls Analyse, 224. 1068 olechowsKi/staudiGl-ciechowicZ, Staatsrechtslehre, 239 f. 1069 MSchKP 1, 398–401 (A. merKl). 3.9 DIE MAIVERFASSUNG IN DER ANALySE KRITISCHER ZEITGENOSSEN 171
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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