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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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stehenden Naturrecht203 distanzierten sie sich, in diesem Punkt im Gleich- klang mit Othmar Spann, der es als „gleiches Recht“ beschrieb, für ihn „ein unnatürliches, künstliches, verderbliches, atomistisches, wahrheitswidriges, ungerechtes Recht“, nicht als das „Recht der natürlichen Gerechtigkeit“.204 Auch Bundespräsident Miklas war ein Verfechter dieser Auffassung.205 Kurt Schuschnigg beschäftigte sich damit eingehend während seiner Zeit in nati- onalsozialistischer Haft anhand der Lektüre von Werken von Heinrich Rom- men und Ferdinand Frodl.206 Während die Neuscholastik kaum unmittelbaren Zugang zur berufsstän- dischen Idee hatte207, übertrug Friedrich von Weichs ihre Gedanken auf den geplanten Gesellschaftsaufbau, der „auf dem Boden des Naturrechts“ erfolgen müsse.208 Für Georg Moth war dieses die Grundlage des christli- chen Kulturgedankens, weswegen er eine entsprechende Umgestaltung der Rechtsordnung forderte.209 Konstantin von Hohenlohe bemühte das Na- turrecht als Aspekt jener philosophia perennis, in deren Bereich der ihm vorschwebende Ständestaat gehöre210, im Sinn des Moraltheologen Peter Tischleder, dem zufolge sich der Staatszweck nicht mit plattem Utilitaris- mus bestimmen lasse.211 Oswald von Nell-Breuning forderte die Liebe als leitenden Gesichtspunkt auch in der Wirtschaft, wo nicht nur Vernunft und Ordnung herrschen dürf- ten. Dieser ebenfalls naturrechtliche Ansatz sei schon deshalb unverzicht- bar, weil die ausschließliche Geltung von Rechtspflichten einen Nachweis von Ansprüchen erfordern würde, wie er in der Praxis nicht leistbar sei. Wo es nicht um öffentliches Interesse, sondern um individuelle Not gehe, könne der Staat nicht eingreifen; auch sei eine lückenlose gesetzliche Abdeckung aller Bereiche nicht möglich. Daher bleibe nur der Appell an das natürliche Rechtsempfinden, das vom positiven Recht zu scheiden sei.212 Oskar Meis- ter sprach vom „sozialen Recht“; das Arbeitsrecht im Wortsinn sei für viele lediglich Ansporn zu sozialem Schmarotzertum: Gerechtigkeit könne nicht allein durch Gesetze geschaffen werden, es brauche sozialen Sinn.213 203 beyer, Ständeideologien, 137 f. 204 sPann, Wahrer Staat, 64. 205 lanG, Bundespräsident Miklas, 81. 206 binder/H. schuschniGG, „Sofort vernichten“, 359. 207 anZenbacher, Christliche Sozialethik, 135. 208 v. weichs, Der Weg, 13. 209 moth, Neu-Österreich, 46. 210 hohenlohe, Ständestaat, 9 f. 211 otten, Die „Rettung“, 98. 212 SZ 12. 6. 1927 (O. v. nell-breuninG). 213 SZ 6. 5. 1928 (O. meister). 5.4 LEBEN UND GEIST 231
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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