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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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stellte an den braunen Eiferern ein Denken in irrationalen Kategorien und einen Mangel an Intellektualität fest; bei Hitler vermisste er den Sinn für Kausalzusammenhänge, fand nur die Übersteigerung von Leidenschaften.223 1908–1921 hatte Dietrich von Hildebrand in engem Kontakt zu Max Sche- ler gestanden224, einem Schüler Rudolf Euckens (Kap. 4.1).225 Scheler entwi- ckelte eine Ethik, die über den Formalismus Kants hinausging, indem sie sich als als materiale, d. h. konkrete Wertethik auch inhaltlich definierte.226 Durch die Annahme eines Bestands an Werten, die, anders als Normen, das Handeln als gleichsam apriorische Kategorien aus dem Hintergrund leiten, stellte er dem zeittypischen Relativismus und Nihilismus eine überzeugende Alternative entgegen.227 Die Werte, so Scheler, würden intuitiv erfasst und seien Gegenstandsbereich der Gefühle; diese wiederum beschrieb er als in- tentionale Akte, denen, so im Rekurs auf Blaise Pascal („Das Herz hat seine Gründe, die die Vernunft nicht kennt“), Erkenntnisbedeutung zukomme.228 Ausgehend von der metaphysischen Grundauffassung des Menschen als animal rationale, aber skeptisch gegen übersteigerten Rationalismus229, maß er dem Geist zentrale Bedeutung bei, die er mit dessen Selbst-Bewusstsein begründete. Das Sein des Menschen bestehe einerseits im Werden und Ver- gehen, andererseits im Vollzug geistiger Akte, und innerhalb des zwischen der Blindheit der bloßen Materie und dem hellen Raum des von dieser un- abhängigen Geistes unterschied er diverse Grade der Intentionalität.230 Das Verhältnis des „Drangs“ (in der Anthropologie: „Leben“) zum Geist beschrieb er als Vermittlungsprozesses („Konkretion“) zweier aufeinander angewie- sener Faktoren: Der Geist, der seine Energie vom Drang erhält, ist nicht ein Feind des Lebens, sondern gibt diesem die richtige Richtung, indem er ihn hemmt bzw. enthemmt, bis hin zur Verdrängung (Sublimierung).231 Mit 223 heinZ, E. K. Winter, 112 f. 224 v. hildebrand, Memoiren, 15*; vgl. connelly, From Enemy, 110 f.; seefried, Reich, 195 f.; seifert, Dietrich von Hildebrand, 172 f.; schmidinGer, Max Scheler, 96; eher abschätzig die Bezeichnung „der katholische Vorzeigephilosoph“; O. weiss, Rechtskatholizismus, 42. 225 Good, Max Scheler, 15 f.; fellmann, Daseinswelt, 156; sander, Max Scheler, 14. 226 Good, Max Scheler, 19 und 31; PöGGeler, Max Scheler, 159; sander, Max Scheler, 56; schmidinGer, Max Scheler, 90; schneider, „Vorbilder“, 184. 227 fellmann, Daseinswelt, 162; flasch, Die geistige Mobilmachung, 114; schmidinGer, Max Scheler, 97 und 105–107. 228 coriando, Affektenlehre, 19–36 und 88 f.; frinGs, M. Scheler, 15–19; Good, Max Scheler, 20 und 26–28; sander, Max Scheler, 44, 56 und 89. 229 coriando, Affektenlehre, 18 und 25. 230 coriando, Affektenlehre, 83–85; Good, Max Scheler, 51 f.; schmidinGer, Max Scheler, 100; witteriede, Einführung, 22–26 und 36; ähnlich der Personbegriff von Josef Pieper; PiePer, Über die Gerechtigkeit, 51–54. 231 fellmann, Daseinswelt, 161 f.; frinGs, M. Scheler, 20–27; Good, Max Scheler, 43, 54 f. und 5.4 LEBEN UND GEIST 233
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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