Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Seite - 240 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 240 - in „Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit

Bild der Seite - 240 -

Bild der Seite - 240 - in „Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit

Text der Seite - 240 -

dem höchsten Grad der Persönlichkeit erreichbar sei. Am unteren Ende der Skala siedelte er den Verbrecher an.285 Die Persönlichkeit stelle sich nur in ihren Gliedern dar. Jedes Glied sei durch das Ganze bestimmt und zerlege sich in weiterer Ausgliederung; so werde auch das Wesen der Persönlichkeit erkannt. Unter deren Teilstruk- turen gebe es eine Rangordnung; manche könnten gegenüber anderen vor- herrschend sein. Beim einen stehe das vegetative Leben, beim anderen das geistige Leben obenan. In ihrem Verhältnis zum Ganzen hätten jedes körperliche Organ und jede seelische Struktur einen verschiedenen Rang. Daher sei die Ausbildung einer Mitte der Persönlichkeit wesentlich; dieser wiederum unterlägen mehrere Neigungen. Jedes Glied des körperlichen Or- ganismus und jede Funktion der seelischen Ganzheit sei durch Mittelglieder mit dem Ganzen verbunden. Jedes Mittelglied stehe im Verhältnis der Füh- rung gegenüber dem untergeordneten und in dem der Nachfolge gegenüber dem übergeordneten.286 Die Vorbehalte des Strafrechtlers gegen einseitige Überbewertung des Biologischen sind nicht zu übersehen. Er teilte sie mit anderen Denkern, die die Bekämpfung von Trieben im weitesten Sinn forderten.287 Leopold Engel- hart, der erste Generalsekretär der KA288, erklärte die Fähigkeit, die „un- heimlichen Mächte der Seele“ zu bannen289, zum entscheidenden Kriterium, das einen „Führer“ ausmache.290 Eine Parallele dazu ist Othmar Spanns Einschätzung, der Großteil der Menschen führe ein weitgehend triebhaftes Leben: Soldaten, Fabrikarbeiter, Handwerker, auch Bauern – und nicht zu- letzt die Parvenüs des liberal-individualistischen Zeitalters, der „Pöbel im Seidenhut“. Der Wiener Philosoph leitete daraus die Forderung nach Unter- ordnung des geistig Niederen unter das geistig Höhere ab291; er bedauerte es, in einer hedonistischen Erlebnisgesellschaft leben zu müssen, die geistiger Autorität im Wege steht.292 Hermann Peichl sah die Heiligung des Sonntags gefährdet, weil das Vergnügen an die Stelle der Ruhe dringe.293 Der Hang seiner Zeit zu oberflächlichem Vergnügen störte auch Richard Kerschagl: Als Finanzwissenschafter forderte er daher Reformen bei Auf- wandssteuern, beispielsweise bei der Lustbarkeitsabgabe und der Zech- 285 lenZ, Grundriss, 36. 286 lenZ, Grundriss, 54–59. 287 hanisch, Konservatives und revolutionäres Denken, 25. 288 liebmann, Katholische Aktion, 608 und 613. 289 enGelhart, Führertum, 46. 290 enGelhart, Führertum, 95. 291 meyer, Stand, 196; rossbacher, Literatur, 97 f. 292 LK, 43 (F. romiG). 293 Peichl, Der Altar, 136. 5. DER MENSCH IST PERSON240
zurück zum  Buch „Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit"
„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
„Berufsstand“ oder „Stand“?