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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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hinderlich.362 Ungeachtet aller Vorbehalte gegen die Demokratie mit ihren unzulänglichen Kompromissen waren ihm autoritäre Stilformen im Grunde fremd:363 „Organisation von Geist und Recht in letzten und entscheidenden Dingen“ sei wichtiger als die – allerdings gleichwohl notwendige – „Organi- sation von Macht und Gewalt“.364 Nur die freie geistige und moralische Per- sönlichkeit könne mit anderen verkehren. Dies gelte auch für die Politik: „Unter geistigen Menschen gibt es kein Problem, über das sich nicht ruhig und sachlich debattieren ließe, falls der Wille zu einer Form geistigen Nach- barrechts [...] besteht.“365 Richard Schmitz hielt es für wichtig, kulturelle Interessen vom Fachbil- dungswesen zu unterscheiden.366 Mit Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi bedauerte er, dass die Universitäten „aus Quellen wahrer Bildung zu Fach- kursen für Spezialisten geworden sind“ und meist nur „Halbgebildete“ her- vorbrächten.367 Hier sah der auch in Deutschland und Österreich bekannte spanische Kulturkritiker José Ortega y Gasset eine große Gefahr: Nehme die Spezialisierung überhand, sinke der Diener der Wissenschaft auf die Ebene des Massenmenschen ab, halte sich aber gleichwohl für kompetent.368 Demselben Gedanken widmete Richard Meister breiten Raum: „Der geis- tig Arbeitende […] kann sich nur dann in seinem Tun gesichert und berech- tigt fühlen, wenn er sich seiner Stellung und Bedeutung in dem Ganzen, dem er eingegliedert ist, bewusst bleibt. Das Prinzip strenger Arbeitsteilung ist auf das Gebiet des geistig-kulturellen Schaffens nicht übertragbar.“369 All die eben zitierten Einschätzungen sind nicht zuletzt als Vorwegnahme konservativ-liberaler Standpunkte von Interesse: Wilhelm Röpke machte auf die ethischen Gefahren der zu weit gehenden Spezialisierung aufmerk- sam; gerade von den Akademikern erwartete er einen sehr weiten Hori- zont.370 In der politischen Wirklichkeit der dreißiger Jahre erfuhr die geistige Arbeit indes keine angemessene Wertschätzung.371 Rudolf Henz merkte kri- tisch an, die geistig bzw. schöpferisch Tätigen spielten in der Politik eine 362 hoPfGartner, Schuschnigg, 121. 363 GoldinGer, Schuschnigg, 225. 364 CS 17. 6. 1934 (K. schuschniGG). 365 CS 16. 12. 1934 (K. schuschniGG). 366 PMR VIII/6, Prot. 926/10 (2. 3. 1934), 62. 367 coudenhove-KalerGi, Totaler Mensch, 132. 368 SZ 24. 4. 1932 (O. KnaPP). 369 meister, Bildungswerte, 23. 370 habermann, Das Maß, 93 und 193. 371 S. amann, Kulturpolitische Aspekte, 151. 5. DER MENSCH IST PERSON248
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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