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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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kreis seine Aufgabe für das Ganze erfüllen.427 Hans Pernter428 stellte analoge Überlegungen für die Hochschulen an: Er bedauerte deren Überfüllung und das daraus resultierende Überangebot an Akademikern und forderte – wohl auch mit Blick auf den Staatshaushalt – eine strengere Auslese.429 Die eben referierten Standpunkte zeigen, dass das im 19. Jahrhundert gültige Ideal der Kultivierung vorindustrieller Verhaltensweisen in den Gymnasien weiterhin aufrecht war. Nach wie vor besaß Bildung „eine Art ständische Imprägnierung durch feudale Wertmuster“. Diese Haltung färbte auf das Bewusstsein der als Stände sich verstehenden Berufsgruppen ab.430 Im NR wurde 1928 allerdings eine Öffnung gegenüber den Anforderungen der Moderne thematisiert: Josef Rompel SJ zitierte eine Studie Ferdinand Degenfeld-Schonburgs, der zufolge Absolventen des humanistischen Gymna- siums auch im Wirtschaftsleben erfolgreicher seien als andere.431 Bei Max Scheler war das Eintreten für das humanistische Gymnasium432 ein Aspekt der von ihm angenommenen Hierarchie der Werte und des Zu- sammenhangs zwischen Wissenskultur und politischem System: Die Präfe- renz für empirisch-induktives Wissen, jene praktische Intelligenz, die eher den unteren sozialen Schichten eigne, stehe für das demokratische Majori- tätsprinzip; die Metaphysik hingegen und überhaupt alles, was eine höheren Grad der Vergeistigung erreicht habe, schwerer zu erreichen sei und mehr Freiheit bedeute, sei personal und individuell, kennzeichne daher eher die Oberschicht.433 Man konnte freilich nicht mehr leugnen, dass auch Kontakte zwischen Kindern aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten vonnöten seien. Diese aber, so wiederum Richard Meister, sollten außerhalb der Schule erfolgen.434 Zwar müssten fähigen Kindern aus den Unterschichten auch die Gymnasien offenstehen, aber es sei richtig, dass es schon in den Grundschulen nach Be- gabungen differenzierte Klassenzüge gebe, in denen Kinder vereint seien, die vermutlich ähnliche Lebensstellungen einnehmen würden.435 Margarete Rada hingegen hielt das System der leistungsbezogenen Trennung der Klas- senzüge für verfehlt. Mit Genugtuung zitierte sie ein Mädchen aus einer 427 All dies wurde 1935 durch neue Lehrpläne umgesetzt; sorGo, Schulpolitik, 69–75 und 82– 87; tálos, Herrschaftssystem (2013), 400 f. 428 Zu seiner Funktion innerhalb der Systemelite vgl. G. hartmann, Eliten, 232. 429 Pernter, Gedanken, 96 f. 430 schwinn, Ständische Verhältnisse, 84 f. 431 NR 28. 7. 1928 (J. romPel). 432 NR 15.12.1928 (P. wust); vgl. hencKmann, Aspekte, 18–22. 433 fröhlich, Der Bürger, 119–121; Good, Max Scheler, 31 f., 89 und 95. 434 Vgl. dazu auch wallraf, Kultur, 214 f. 435 meister, Bildungswerte, 39. 5. DER MENSCH IST PERSON254
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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